Weihnachtsgeschichte 2020/21

Historische Sternjahre bilden mit den Epochenjahren das Gerüst unserer modernen Weltgeschichte. Es sind alles Revolutionsjahre: 1968, 1938, 1908, 1878, 1848, … – was durchaus einen nachhaltig positiven Effekt haben kann. So meinen wir auf Grund von authentischen Tatsachen, empirisch belegen zu können, dass auf der historischen Sternjahr-Skala, neben 1938, auch das Epochenjahr 223 v.Chr. in der Geschichte der Menschheit eine ganz besondere Rolle spielt – und wir datieren das sogenannte Fisch-Zeitalter zwischen die Epochenjahre 223 v.Chr. und 1938 – insgesamt eine historische Dauer von genau 2160 Jahren.

1938 begann der Zweite Weltkrieg (Angriff von Japan auf China 1937/8 ) und endete 1945 (Abwurf von ersten US-amerikanischen A-Bomben und Kapitulation Japans). Am 13. Dezember 1937 begannen die Kriegsverbrechen (Massaker) der japanischen Besatzer: in der chinesischen Hauptstadt Nanking (Nanjing) wurden über 200’000 (anderen Schätzungen zufolge über 300’000) Zivilisten und Kriegsgefangene ermordet sowie rund 20’000 Mädchen und Frauen vergewaltigt (sic!).

Wenn aber das „Fisch“-Zeitalter grösstenteils mit dem Glauben und Wirken der Christen in Verbindung gebracht werden muss, so betonen wir hier, dass Fische (pisces) keine religiöse oder gar esoterisch-astrologische Bedeutung hat. Vielmehr geht es uns um ein astronomisches Phänomen: den Durchzug des Frühlingspunktes durch den Himmelssektor der Fische (Sternbild). Nicht zuletzt die Alten Ägypter haben dieser Erscheinung zu Recht grosse Bedeutung zugemessen, ja ist uns im wissenschaftlichen Rahmen der symbolhistorischen Methode ein willkommener Schlüssel zum Verständnis alter Kulturen (Dr. H. Rudolf Engler, Die Sonne als Symbol. Der Schlüssel zu den Mysterien; Küsnacht-Zürich 1962).

Ein späterer Schlüssel ist die schriftliche Sprache, Kultur und Kunst. Die Kunstfertigkeit im Matriarchat hatte ein später nie mehr erreichtes unübertroffenes Niveau. Ägypten, Nubien, Mesopotamien, der Iran, Elam und das Industal hinterliessen eine frühe Töpferkunst von seltener Qualität und Schönheit.

Der Orientalist Carel J. Du Ry schreibt: »Die Verzierungen auf Ton waren die Vorläufer der ältesten Bilderschrift. Schon bald entstanden hieraus die ersten Schriftzeichen« (Völker des Alten Orient in ›Enzyklopädie der Weltkunst‹ 1977, S. 289). Die Keramik, die Symbole und die Erfindung der Schrift sind Zeugnisse der aussergewöhnlichen Kreativität der Menschen im Matriarchat (im Sinne einer von Frauen organisierten vorpatriarchalen Gesellschaft). Es ist ist ein erstes Kapitel der Kulturgeschichte, das sich bei allen Völkern vor dem Übergang zum Patriarchat findet.

Auch in Alteuropa wurden Schriftzeichen erfunden, nur sind sie schon viel früher belegt. »Die Sumerer gelten im allgemeinen zwar als die Erfinder der Schriftsprache, aber in Ostmitteleuropa entwickelte sich eine Schrift, die etwa zweitausend Jahre früher entstanden ist als alle bisher bekannten Schriften… Dass vor mehr als achttausend Jahren bereits eine Schrift erfunden wurde, erschien bisher so undenkbar, dass die Möglichkeit gar nicht in Erwägung gezogen und den Beweisen für ihre Existenz kaum Beachtung geschenkt wurde… Bei dieser Schrift des Alten Europa handelt es sich zweifellos nicht um eine indoeuropäische Schrift, ebenso wenig wie bei den kretischen Hieroglyphen, der Linear A und der kyprominoischen Schrift.« (Marija Gimbutas, Die Zivilisation der Göttin, 1996, S. 308). 

Als Erfinder der Schrift werden zwar sowohl die Sumerer als auch die Ägypter genannt. Doch, wer immer von der Wissenschaft als ihre Urheber und damit als ›Schöpfer der Hochkulturen‹ gehalten wird, die Erfindung der Symbole und der Bilderschrift sind Meisterleistungen des Matriarchats und bestanden schon längst als patriarchale Indo-Europäer mit Eroberungen und Kriegen vor 5500 Jahren begannen Alt-Europa, Mesopotamien und Ägypten zu überfallen.

Eroberungen und Kriege haben noch nie eine Kultur geschaffen, sondern die bestehenden Kulturgüter zerstört (z.B. in den letzten Jahren im Irak und Syrien). Die Wissenschaftler machten die Sumerer irrtümlich zu ›Kulturbringern‹ – wie sollten denn unzivilisierte Hirtennomaden grosse Kulturen geschaffen haben? Sie schufen auch keine ›blühende Kultur‹, wie viele glauben, sondern zerstörten jene der indigenen Völker, die viele Jahrtausende vor den Eroberungen der Arier blühten. Alle wirklichen Kulturen, friedliche, menschliche, zivilisierte Lebensgemeinschaften waren matriarchal; sie entstanden an den grossen Flüssen: am Nil, am Euphrat und Tigris und im Industal. 

Laut Marija Gimbutas kam es historisch zu einer erschütternden Begegnung, »als die frühesten Indo-Europäer …, die ich als ›Kurganvölker‹ bezeichne«, mit ihren Pferden aus dem Osten, aus Steppengebieten in Südrussland kamen. Die erste Berührung mit den Grenzgebieten des Alten Europa fand so um die Mitte des 5. Jahrtausends am Unterlauf des Dnjepr und an der Westküste des Schwarzen Meeres statt. »In den folgenden zwei Jahrtausenden riss der Strom der nach Ostmitteleuropa drängenden Menschen und ihre Einflüsse nicht mehr ab«. (Die Zivilisation der Göttin, 1996, S. 352) – »Die Mobilität der Kurganvölker basierte auf der Domestizierung des Pferdes, das bei den Ackerbauern des Alten Europa unbekannt war.«

Die Eindringlinge waren mit Stich- und Hiebwaffen ausgerüstet: mit langen Dolchmessern, Speeren, Lanzen, Pfeilen und Bögen. Zum Übergang von einer Muttergesellschaft zum waffenbewehrten Patriarchat, was sich spätestens um 5000 herum vollzog, führten somit Weidewirtschaft und Viehhaltung in grossen Herden, die nur mit Hilfe von Reitpferden und körperlicher Kraft zu beherrschen waren. – »Die Kurgankultur steht in krassem Gegensatz zur Gesellschaft des Alten Europa, die im wesentlichen friedfertig, sesshaft, matrifokal und matrilinear war und in der es keine Benachteiligung aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit gab.« Die Kurganvölker dagegen gehörten einer patriarchalischen und hierarchischen Kultur an. (Gimbutas) 

Das aggressivste der indoeuropäischen Völker war offensichtlich der mächtige Stamm der Horiter/Hurriter/Churriter. Sie wanderten in das Gebiet südöstlich des Schwar­zen Meeres ein und siedelten mit Sicherheit schon seit dem 5. Jahrtausend im südlichen Kaukasus. Von hier aus unternahmen sie ihre dreisten Überfälle und Eroberungszüge bis nach Ägypten. Die Indo-Europäer brachten die damalige alte Welt: das Alte Europa, Anatolien, Syrien, … unter ihre Herrschaft und setzten sich als despotische Herrscher über die hiesigen autochthonen Völker (vgl. Doris Wolf Der erste Krieg der Weltgeschichte). 

Im allgemeinen lassen die Wissenschaftler die sogenannten Indo-Europäer erst im 2. Jahrtausend auf den Plan treten. Doch diese griffen schon viel früher massiv in das weltgeschichtliche Geschehen ein. Sie waren die Eroberer Mesopotamiens und Ägyptens in der Zeit des Übergangs vom 4. ins 3. Jahrtausend.

Ȕberdies: »Der Niedergang des Alten Europa fällt zusammen mit der Indoeuropäisierung … einem umfassenden Veränderungsprozess, der einen ähnlich dramatischen kulturellen Wandel mit sich brachte, wie ihn der amerikanische Kontinent nach seiner Eroberung durch die Europäer erlebte.« (Gimbutas, Die Zivilisation der Göttin 1996, S. 352)

Die USA ist gegenwärtig das Imperium. Das christliche Europa, von wo es stammt, war lange kulturell führend.  Südamerika ist das Resultat seiner – aus Sicht Europas – erst relativ kurzen Geschichte. Japan spielte eine bedenkliche Rolle (gegen China und dann die USA) im Zweiten Weltkrieg – wofür es schliesslich mit den ersten A-Bomben-Abwürfen zu büssen hatte. Darauf enwickelte es sich zu einer führenden Industriemacht. China und Indien sowie nach wie vor der der Ferne Osten sind im kommen. Das bevölkerungsreiche und heute kommunistische China hat eine bemerkenswerte, alte Geschichte. Australien bleibt ein Kontinent auf der „anderen“ Seite des Erdballs. Afrika vergisst nach wie vor seine eigene (vorkoloniale) Geschichte – nicht zuletzt als Geburtsstätte des Homo sapiens sapiens.

Das Christentum als eine der Weltreligionen leidet an zwei offensichtlichen Mängeln: zum einen bevorzugt es ideologisch den Mann gegenüber der Frau; zum anderen missachtet es eines seiner wichtigsten Gebote: Du sollst nicht töten! Wie sonst hätte der Westen – die USA miteingeschlossen – soviele Kriege mit zu verantworten? Vom Gebot Du sollst nicht lügen! einmal ganz zu schweigen…

StNikolaus

n Germany, Santa Claus generally still takes the appearance of the traditional Roman Catholic bishop St. Nicholas. Kids prepare for his arrival by placing freshly polished boots outside their doors, along with carrots for the bishop’s horse. On Dec. 6, St. Nicholas Day, the bishop goes house to house with a book describing the children’s deeds. Depending on whether they were naughty or nice, he fills their boots with either something good, like sweets, or something not so good, like twigs.

Heiliger Vater, Jesus Gottessohn, Papst, Lord… Wo bleiben da die Frauen?

StNickoaus

Doch verlieren wir die Hoffnung nicht. Neue Fähigkeiten, Perspektiven und Werte erwachsen vielleicht nicht zuletzt auch aus den Veränderungen, die aus dem neuen Trend im Zeitalter der Wasserfrau hervorgehen. Dabei denken wir auch an das Zusammenleben zwischen Mann und Frau: an die heute sichtbaren Ansätze und den Zukunftschancen für eine echte  Emanzipation beider Geschlechter und damit einer Neugestaltung der Gesellschaft. „Alles in allem geht es um nichts Geringeres als ein Neues Menschenbild und gleichzeitig um einen Neuen Kulturbegriff.“ (Carola Meier-Seethaler)

Dabei erinnern wir hier erneut daran, dass die ersten, noch religiös motivierten Wissenschaftler Frauen waren, so etwa als Priesterastronomin und zugleich als Mondpriesterin mächtig. Etwa die  namentlich erwähnte Priesterastronomin En-Hedu‛anna – eine Tochter des ersten „Welt-Herrschers“ Sargon I. von Akkad. Doch die Frauen haben leider im Laufe der Geschichte, in der Religion wie in der Wissenschaft, das Zepter an den Mann abgegeben. Insofern war diese nun neomaskulin dominierende Spezies, neben expansivem Handel und ebensolcher Kriegsführung, im Kreis ihrer begabtesten Vertreter auch noch zu anderem fähig: neuer Religion und Wissenschaft. Je exakter letztere wurde, desto mehr Mathematik als Sprache musste hier investiert werden. Vielen Priesterinnen passte das nicht.

Ohne diese modernen Bestände männlicher Interaktion wäre die heutige Geschichte, Gesellschaft, Wirtschaft und Technik nicht zu begreifen. Eine Folge dieser Dominanz ist aber auch das völlige Unverständnis gegenüber den wahren Ursprüngen unserer Kultur. Leider gibt es nur wenige Stimmen, die zu Recht ein kompetentes Gegengewicht legen. Eine haben wir in Macht des Geschlechts (3 Bände, Norderstedt 2010) oft zitiert: Carola Meier-Seethaler (* 1927, München), aus Ursprünge und Befreiungen. Die sexistischen Wurzeln der Kultur; Bern, Mai 1988; (online: www.opus-magnum.de/download/meier_seethaler_urspruenge.pdf. Die Originalausgabe erschien unter dem Titel: Ursprünge und Befreiungen. Eine dissidente Kulturtheorie im Arche Verlag, Zürich – Opus Magnum; vollständig überarbeitete Neuauflage Stuttgart 2011: jedes der vier Kapitel wird durch den Einbezug neuer Fakten bereichert, das letzte mit der kritischen Analyse der wirtschaftspolitischen und der religiös-moralischen Verwerfungen unserer Gegenwart.

Im ersten Teil ihres Buches stellt sie dar, „wie die Kultur der menschlichen Frühzeit von dem Bewusstsein durchdrungen war, dass das weibliche Geschlecht in besonderem Masse magische Kräfte besitzt, was mit der Fruchtbarkeit der Frau in Zusammenhang steht. Ihre Fähigkeit, Leben hervorzubringen, verlieh ihr den Nimbus des Heiligen und prädestinierte sie zur Mittlerin zwischen den göttlichen Mächten und der menschlichen Gemeinschaft. Kulturen, in denen der weibliche Einfluss dominiert, sollten deshalb streng genommen nicht als »Matriarchate« bezeichnet Werden, weil in diesem Begriff das Wort »Herrschaft« steckt und er daher die These suggeriert, in der vorpatriarchalen Gesellschaft hätten die Frauen »geherrscht« im Sinne eines hierarchischen Machtgefälles. Eine solche Vorstellung aber wäre nichts anderes als die Rückprojektion des patriarchalen Herrschaftsstils in die Vergangenheit, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Ich bevorzuge daher die Wortprägung »matrizentrisch«, wie Erich Fromm sie vorgeschlagen hat, um damit auszudrücken, dass in solchen Kulturen die magisch-mütterlichen Kräfte der Frau im Zentrum der Gemeinschaft und im Zentrum des kultischen Lebens stehen. Dabei ist nicht zu übersehen, dass auch dieser charismatische Einfluss unter den Mitgliedern der Gemeinschaft starke innere Abhängigkeiten schafft und dass die matrilineale (…) Sippenordnung immer dann, wenn die Frauen die Hauptträgerinnen der Subsistenzwirtschaft sind, auch zur materiellen Abhängigkeit der Männer von ihren Matriclans führt. Doch sind im Gegensatz zu den späteren Herrschaftsverhältnissen des Patriarchats solche Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse nicht bewusst geschaffen, sondern die natürliche Folge der mutterzentrierten Familie.“ (Carola Meier-Seethaler, Ebd. {32}, Fassung 1988)

Meier-Seethaler

Die Fruchtbarkeit der Frau verlieh ihr aber nicht nur magische Kräfte, die offenbar über jene des Mannes bedeutend hinausgingen, sondern verband sie über ihren Monatszyklus in besonderem Masse mit dem Mond, der Mondgöttin als natürliche Zeitgeberin. Dieser Bezug ist so konkret und offensichtlich, dass er kaum übersehen werden kann; und doch geht er nur allzuleicht in Vergessenheit. Das historische Ergebnis drückt etwa – der sonst so luzide Hermann Weyl – zu Beginn seiner Raum · Zeit · Materie wie folgt aus:

„Die tiefe Rätselhaftigkeit des Zeitbewusstseins, des zeitlichen Ablaufs der Welt, des Werdens ist vom menschlichen Geist, seit er zur Freiheit erwachte, immer empfunden worden; in ihr liegt eines jener letzten metaphysischen Probleme, um dessen Klärung und Lösung Philosophie durch die ganze Breite ihrer Geschichte unablässig gerungen hat. Der Raum ward durch die Griechen zum Gegenstand einer Wissenschaft von höchster Klarheit und Sicherheit. An ihm hat sich in der antiken Kultur die Idee der reinen Wissenschaft entfaltet, die Geometrie wurde zu einer der mächtigsten Kundgebungen des jene Kultur beseelenden Prinzips der Souveränität des Geistes. An die Geometrie hat sich, als die kirchlich-autoritative Weltanschauung des Mittelalters in die Brüche ging und die Wogen des Skeptizismus alles Feste hinwegzureissen drohten, der Wahrheitsglaube wie an einen Fels geklammert; und es konnte als das höchste Ideal aller Wissenschaft aufgestellt werden, »more geometrico« betrieben zu werden.“ (Vorlesungen über allgemeine Relativitätstheorie; 3. umgearbeitete Auflage, Berlin 1919, S. 1f)

Der Raum, ja offenbar kein Problem. Aber warum und wozu ist das Wesen der Zeit? Die Zeit im Bewusstsein einer Priesterastronomin und mächtigen Mondpriesterin ist eben vorab nicht nur ein „metaphysisches“ Problem des zur Freiheit erwachten menschlichen = männlichen „Geistes“, der ohnehin – in der kirchlichen Tradition – im Gegenteil höchst autoritär geführt war und so nicht nur das natürliche Bewusstsein der Frauen unterdrückte. 

Dazu kommt die Dämonisierung der Sexualität, was die monatliche Blutung der Frau erst Recht zu einem Tabu machte und sie als „unreiner“ Mensch an den Rand drängte. Da hilft alles nichts, auch nicht, wenn der so begabte Hermann Weyl sein herrliches Buch Raum · Zeit · Materie seiner Frau widmet, die ihn (mit ihrer Erfahrung als wissenschaftliche Übersetzerin) ja offenbar auch beim Schreiben kräftig unterstützte.

Und das westliche Vorbild wirkt weiter, ob wir es wollen oder nicht… Schlechte katholische Kopie in Afrika:

African

Fehlendes altes wie neues historisches Bewusstsein.

carola-meier-seethaler-urspruenge-und-befreiungen-eine-dissidente-kulturtheorie

Indes Deutsch spricht im schwarzen Kontinent Afrika kaum jemand. Eher noch Französisch.

meiersee

In ihrer 1949 erschienenen populärwissenschaftlichen Untersuchung: Le deuxième sexe (Das andere Geschlecht) schreibt nun die Gefährtin von Jean Paul Sartre, Simone de Beauvoir, dass Frauen aus der Arbeiterschicht in der Arbeit wahrscheinlich nicht die Transzendenz erreichen wie die berufstätige Frau – und dass die Verkäuferin vermutlich die Ehe der Sinnlosigkeit ihrer Arbeit vorzieht. Zusammenfassend stellt sie fest, „dass sich in diesen Fällen die Unabhängigkeit nur dann erlangen lässt, wenn die ganze betroffene Gesellschaftsschicht nicht unterdrückt ist. Sie konzentriert sich jedoch nach wie vor auf das Individuum und dabei besonders auf die berufstätige Frau aus der Mittelschicht.“ So ihre eher eurozentrische Analyse.

Ihr idealistisches Beharren auf der Freiheit verstellt ihr auch zum Teil den Blick darauf, dass sie sich sowohl den dialektischen Materialismus als auch die Psychoanalyse in ihrer Untersuchung der Lage der Frau hätte zunutze machen können.

Simone-deB

Simone de Beauvoirs bedeutendster Beitrag zum Existentialismus findet sich in ihrem Werk Das andere Geschlecht (Le deuxième sexe), in dem sie die Situation von Frauen aus einem existentialistischen Blickwinkel analysiert. De Beauvoir erklärt darin: Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es. Davon ausgehend, dass es keine „weibliche Essenz“ gibt, untersucht Simone de Beauvoir, wie die Frau als „das Andere“ konstruiert wird, das „zur Immanenz verdammt“ ist.

In Le deuxième sexe tritt Simone de Beauvoir für die Gleichberechtigung der Frau ein. In der monumentalen, auf Biologie und Psychiatrie gestützten Studie, versucht die Autorin zunächst die Besonderheit der weiblichen Physis und Psyche zu charakterisieren; und dann, anhand reichhaltigen Materials aus Soziologie, Geschichte und Literatur, jenes Bild der Frau zu analysieren, das – jenseits aller Verherrlichung in Mythos und Gesetzgebung – durch Jahrhunderte hindurch konstant geblieben ist. Nicht die Natur hat die Frau zur Unselbständigkeit verdammt; die Frau als das „schlechthin Andere“ ist ein Produkt der Zivilisation im weitesten Sinne – ihr ist dieses Los so vom Manne zudiktiert worden.

Selbständige, freiheitliche Frauen sind bis zum Beginn des neuen Zeitalters der Wasserfrau eher Ausnahmen in der neuzeitlichen Geschichte. Wenn vielleicht die Grosse Mutter und Göttin als Vorbild einst im Zentrum der Gesellschaft stand, so hat das jüdisch-christliche Abendland dieses Bild zurückgedrängt. Und also verblassen lassen oder als Zerrbild wie: Heilige Jungfrau Maria, doch Mutter eines Gottessohnes (sic!), verklärt und sinnentleert. Allerdings besteht immer noch Hoffnung gegen das dreiste Diktat.

Mehr zum Begriff Zeitalter: Unsere Hand – von Frau oder Mann – ist ein uns gegebenes natürliches Werkzeug. Mittels künstlichen Werkzeugen wie z.B. die Hacke und Schaufel, der Hammer oder die Nadel setzen wir unsere Hände noch effektiver und universeller ein.

Two_hand,_ten_fingers

Die Hand des modernen Menschen unterscheidet sich allgemein von allen übrigen Primaten durch vollendete Opposition (Gegenstellung) des Daumens gegenüber dem Zeigefinger. Eine Eigenschaft, die die menschliche Hand zu der ihr eigenen Genauigkeit der Arbeit und jeglicher Form von Kulturtätigkeit befähigt – nicht zuletzt mit den sinnvoll gemachten bzw. konstruierten und ebenso angewendeten Werkzeugen.

Hiervon finden wir, als die ältesten bisher bekannten Spuren menschlicher Tätigkeit, in steinzeitlichen Felsgravuren. Bis es dann in einer komplizierten Entwicklung im Jungpaläolithikum zu einer ungeahnten Entfaltung der Werkzeugindustrie kam und also zu einem stürmischen kulturellen Aufschwung. Dieser fand in der neolithischen Revolution (Sesshaftwerden des Menschen, Viehzucht, Ackerbau) ab ca. 10’000 v.Chr. einen ersten Höhepunkt.

SumerianCulture

In allen Mythologemen gelten die Frauen als die Begründerinnen der Pflanzenkultivierung, d.h. des Garten- und Ackerbaus. Auch von Seiten der Wissenschaft ist der Ackerbau als weibliche Kulturleistung heute unbestritten. Nur diejenigen Völker haben den Übergang von der nomadisierenden zur sesshaften Lebensweise vollzogen, bei denen die Sammelwirtschaft mindestens gleichbedeutend neben der Jagd bestand. Das heisst aber nichts anderes, als dass die Frau die Promotorin der neolithischen Revolution war.

Der kulturelle Aufschwung führte zum Bau von regelrechten Städten im Stier-Zeitalter (4543 bis 2383 v.Chr.).

Die erste  Stadt der Welt überhaupt entwickelte sich aus der sumerischen Siedlung Eridu mit der Gründung um 5’400 v.Chr. – was zahlreiche andere Stadtgründungen im weiteren Umfeld mit sich zog. Die Städte Mesopotamiens waren meist um einen Tempelbezirk herum angelegt. Eine Stufenpyramide (Zikkurat) markierte den Stadtmittelpunkt und war Wohnsitz des Stadtgottes. 

SumerianFirstCityEridu1

Die benachbarte Stadt Ur wurde ab etwa 5000 v.Chr. besiedelt;  ihre Blütezeit war ca. 2500–1900 v.Chr. und eine Zikkurat des Mondgottes Nanna gehört zu ihren wichtigsten Bauwerken. Ebenso das anatolische Çatal Hūyūk – wo Bildnisse von Gottheiten in Menschengestalt nahezu ausschliesslich weiblichen Geschlechts sind
– ist uralt. 

FruchtbarerHalbmond

Verbreitung der neolithischen Revolution – ausgehend vom Fruchtbaren Halbmond in Mesopotamien.

Mit der Städtebildung in Südmesopotamien vollzieht sich der Übergang von der matrizentrischen Agrarkultur zur matrizentrischen StadtKultur. Dort ist der Ursprung unserer Zivilisation, über den wir schon früh dank einer Geschichtsschreibung näheres wissen. Am Anfang der abendländischen Zivilisation sind, so steht heute mit ziemlicher Sicherheit fest, nicht Männergesellschaften dominant, vielmehr matrizentrische Kulturen. Die Gesinnung der Bürgerinnen und Bürger der Stadtstaaten bzw. der Priesterverwaltung im Zweistromland ist offenbar hier noch nicht auf Krieg, sondern vorab auf die Erhaltung des Friedens bedacht.

In der nach dem Ruinenhügel Obeid (Ubeid,westlich Ur) benannte Phase der noch schriftlosen Kulturentwicklung Südmesopotamiens – seit Beginn der Hochkultur eine reich ausgestattete Tempelstadt – finden sich zahlreiche Tonfiguren von nackten, stehenden Frauen. Deren lebengebende Bedeutung wird durch die betonten spitzen Brüste, durch die schematische Verzierung des Schosses und häufig durch Säuglinge veranschaulicht.

Erstmalig fassen wir in der schriftlosen mesopotamischen Kultur den plastischen Bildgedanken der nährenden Frau, die figürliche Darstellung von Mutter und Kind. – Als matrizentrisch bezeichnet Carola Meier-Seethaler (in Ursprünge und Befreiungen) ganz allgemein Gesellschaften und soziale Gebilde, die alle Anzeichen einer Hochkultur tragen und die dennoch nicht dem gewohnten Bild männlicher Herrschaftsstrukturen und kriegerischer Machtentfaltung entsprechen.

Dies ändert sich grundlegend, als zu Beginn des im Zeichen des Widders stehenden Zeitalters (2383 bis 223 v.Chr.) vorab Männergruppen unter Einsatz von geschmiedeten Waffen (zuerst aus Bronze und dann Eisen) anfangen, die Macht der von Muttergöttinnen geleiteten Priesterinnen in Frage zu stellen und so die anfänglich matrizentrisch geprägten Kulturen radikal umformen. Dabei ist die Gesellschaft nicht zentralistisch organisiert. Fest steht, dass in Mesopotamien die politische Macht der Könige zunächst noch sehr gering ist; sie kann sich erst allmählich gegen die Priesterinnen und Priester der Tempelstädte durchsetzen. Das Zusammenleben ist im Grossen und Ganzen friedlich. Um 2350 v.Chr. lebte EnHedu’anna in Babylon – eine mächtige Mondpriesterin und so die erste namentlich bekannte Astronomin. So lässt sich die matrizentrische Religion weder aus irgendeiner Wirtschaftsform herleiten noch auf sie beschränken. Sie ist viel, viel älter als die neolithische Revolution und entspricht nicht einer bestimmten Produktionsstufe, sondern der Lebenserfahrung der frühen Menschen. 

Die unter den damaligen Völkern und Stämmen ausgetragenen Konflikte, Händel und bewaffneten Auseinandersetzungen sind noch bescheiden. Bei einem Dokument aus Lagasch ist von einer nur 60 Mann umfassenden Elitetruppe die Rede – so dass es überhaupt fragwürdig wird, hier schon von Krieg bloss als Möglichkeit zu sprechen. Dann aber, im 24. vorchristlichen Jahrhundert, beginnt König Sargon I. erstmals richtige Armeen zu organisieren. Damit verwirklicht er eine historisch ganz neue Idee: der semitische König errichtet das erste Grossreich der Geschichte. Der Begründer Akkads und Machthaber über ganz Mesopotamien soll von 2371-2316, 2350-2295, 2334-2279 oder 2330-2274 v.Chr. regiert haben (die Zeitangaben variieren je nach zugrundegelegter Quelle). Die Zeit der Eroberungskriege bricht an – das ist die bis heute dauernde Phase grenzenloser Kriege, die ausschliesslich männliche Herrscher in grossem Stil für ihre eigenen Interessen führen.

Im Zeitalter des Widders (aries = Sturmbock) – was nach modernen astronomischen Erkenntnissen von 2383 bis 223 vor Christus dauerte – fangen also erstmals besonders gut bewaffnete und durch ihre Kampftaktik den anderen überlegene Männergruppen an, die bisher vorweg matrizentrisch organisierten und mehrheitlich friedlichen Kulturen zu überlagern und hartnäckig umzugestalten. Damit geben sie dem Grundstock der ersten Hochkulturen, der lustvollen, göttlich lebengebenden und grundsätzlich Frieden gewährenden Frau, und ihrer grundlegenden Rolle in der Evolution einen ganz anderen Sinn. Sie wird etwa als heilige Jungfrau verklärt. Die Christen übernehmen diese unselige Praxis. Seither kann Weihnacht nur noch durch Verdrängung der Kriege und ihrer lebensfernen Ideologie gefeiert werden. 

„Die gesamte Geschichte des sumerisch–akkadischen, assyrisch–babylonischen, hellenisch–römischen und jüdisch–christlichen Abendlandes ist also – seit dem 24. Jahrhundert oder dem Stern- und Epochenjahr 2383 – eine einzige Folge von Kriegen. Sie steht im Zeichen der grossen, die Welt erhaltenden und gleichzeitig verfinsternden neomaskulinen Umwälzung oder Revolution. Mit der Pflege der Institution und Initiative Krieg hat sich der Mann nicht nur von der Frau abgesondert und ihrer Seele getrennt. Er wendet sich auch ab vom alten Licht der Sonne, der allgemeinen Erkenntnis und dem Bewusstsein: von der Wissenschaft, Philosophie und Religion.“ (Rolf H. Meier, Weltgeschichte 1, 2014, S. 182)

Mit dem Krieg kamen generell Kriegsverbrechen in die Welt – vorab der hier aktiven Männer – bis auf den heutigen Tag der sogenannt christlichen Kultur.

MyLai1968

MyLai 1968-9

Nach dem internationalen Strafrecht sind Obama und weitere Präsidenten – von Churchill, Mao, Putin bis Trump – schlicht Kriegsverbrecher. Doch sie werden nie angeklagt, weil ihre Nationen Vetomacht im UN-Sicherheitsrat sind. Obama wurde gar 2009 völlig zu Unrecht der Friedens-Nobelpreis verliehen.

Das Imperium, sticht auch anderweitig heraus. Die USA haben am ersten Tag des neuen Jahres 2021 die Schwelle von 20 Millionen Corona-Infektionen überschritten. Die Zahl der Todesfälle infolge einer Corona-Infektion stieg gleichzeitig nach Angaben der Johns Hopkins-Universität auf 346’408. Damit sind die USA mit Abstand das Land mit den meisten Corona-Infektionen und -Todesfälle weltweit.

Um was es aber den Ägyptern im Alten Reich (ca. 2700-2200 v.Chr.) und in der vorklassischen Zeit ging, also wesentlich im Stier-Zeitalter (4543 – 2383 v.Chr.), davon zeugt nicht zuletzt ihr Stierkult. Aus älterer Zeit wissen wir aber darüber herzlich wenig. Doch der Stier (lat. taurus) ist ein bereits in frühgeschichtlicher Höhlenmalerei an vielen Orten der Welt hervortretendes Symbol, das weit in geschichtliche Zeit hineinragt und sowohl sonnenhafte, als auch mond- und erdhafte Züge in sich vereinigt. 

Immerhin tragen die ägyptischen Pharaonen Hörnerkronen und führen den Titel „Stier“; ihr Herrschaftszeichen ist ein Gürtel mit den vier Gesichtern der kuhköpfigen Allmutter Hathor und ein Stierschwanz. Horus selbst ist der „Stier seiner Mutter“ und wird am Morgen als Sonne von ihr geboren. Er befruchtet sie am Mittag und kehrt am Abend in das mütterliche, kosmische „Weltgehäuse“, (das auch die Nacht- bzw. Unterwelt umschliesst) zurück, um es in Nachtfahrt zu durchwandern. 

Der Apisstier trägt als solcher oft die Sonnenscheibe zwischen seinen Hörnern. Denn die Alten glaubten, dass er im Frühling die Sonne auf seine Hörner nehme (anhebe), damit ihr Gott im Sommer höher am Himmel steht. Im Leben der alten Ägypter spielten überhaupt die Sonne und Sterne oder Sternbilder eine grosse Rolle, so besonders das Bild des Stiers. Dieser Glaube stammt offenbar aus einer Zeit, als der „Frühlingspunkt“ noch im gleichnamigen Zeichen stand. Der Apis-Stier ist ebenso die Verkörperung des Gottes Osiris (Osiris-Apis) und zugleich das allerheiligste Opfertier der damaligen Zeit. – In einem Grab in Sakkara (Nr. 3504) fand man sage und schreibe 300 eingelassene Stierköpfe aus Ton mit echten Hörnern. Wie könnten wir das Stier-Zeitalter besser charakterisiert sehen?

Stier-, Widder- und Hirschköpfe, vor allem aber Stierköpfe, bilden neben der Göttin das beherrschende Motiv religiöser Verehrung im bereits erwähnten Çatal Hūyūk in der heutigen Türkei. Wir finden sie einzeln oder in Gruppen an die Kultwände geheftet, zum Teil als plastische Gipsreliefs, zum Teil mit Originalhörnern des Wildtiers, dazu ganze Reihen von Stierhornscheiden in Gipsbänke eingelassen zu Bukranien, wie sie rund 4000 Jahre später auch in den kretischen Palästen gefertigt werden. (Das Bukranion als Schmuckmotiv von altgriechisch βουκράνιον boukránion „Rinderschädel“ wird gelegentlich auch Ochsenkopf genannt; es war in der griechisch-römischen Antike besonders beliebt und wurde in der Renaissance wieder aufgegriffen).

Stier, Widder, Hirsch und andere gehörnte Tiere sind universelle Kultsymbole der frühen Religionen. Wesentlich ist, dass die Tiergeburt die weibliche Kultfigur zu einer wirklichen Göttin macht, zu einer Gottesgebärerin, und dies hebt sie weit über irgendein vages Fruchtbarkeitssymbol hinaus.

Nach der Veröffentlichung seiner Forschungsarbeit in Çatal Hūyūk (1967 – im Bereich des historischen Sternjahres 1968) – wurde James Mellaart angegriffen, weil er veröffentlichte, was er gefunden hatte. Denn es waren ausschliesslich Männer, die zu seiner Zeit noch die Lehrmeinung beherrschten und damit im Alleinbesitz der Interpretationsmacht waren! 

Anhand von elf Skeletten, die man in Çatal Hūyūk fand – sie sind praktisch alle ausnahmslos weiblichen Geschlechts -, dürfen wir die sterblichen Überreste von Hohepriesterinnen sehen. Wenn diese Interpretation richtig ist – und es gibt keinen plausiblen Einwand gegen sie -, so haben wir hier eine frühe Form jener weiblichen Dominanz in der Priesterschaft vor uns, die 4000 Jahre später in Sumer und Babylon historisch aktenkundig geworden ist.

Die Mutter ist immer der Anfang, und ein mutterloses Wesen ist für den frühen Menschen unvorstellbar. So heisst es in altägyptischen Texten von der Göttin Nut/Neith: »Sie, die die Sonne gebar, die zuerst gebar, ehe denn geboren wurde«. Der astralen Übergeordnetheit der Himmelsmutter über die Gestirne – noch Maria steht auf dem Mond und trägt das Sternenkleid – entspricht in den Kultbildern von Çatal Hūyūk die Beziehung zwischen Muttergöttin und Stier. Überall thront die Göttin über dem Stier, weil sie es ist, die das heilige Tier gebiert. Und wie eine ferne Vorgängerin der Göttin von Çatal Hūyūk „hält schon die »Venus mit dem Horn«, ein bekanntes Steinrelief aus dem eiszeitlichen Laussel, ein Stierhorn in ihrer Rechten als Herrin der Tiere.“ (Carola Meier-Seethaler) 

VenusLaussel

Ähnliche Frauenfiguren, die alle sehr sorgfältig aus Kalkstein, Speckstein oder Elfenbein und später aus Ton gearbeitet sind, wurden zu Tausenden aus den prähistorischen Fundstellen vom Jungpaläolithikum (jüngere Altsteinzeit) bis zum späten Neolithikum (Jungsteinzeit) geborgen, was einen Zeitraum von rund 20’000 Jahren umfasst – und dies auf einem riesigen geographischen Gebiet. Sie gleichen einander in auffallender Weise, ob sie nun aus Spanien oder Frankreich, aus Mittel-, Nord- oder Osteuropa stammen, aus dem Iran, aus Nordindien, Syrien, Palästina, von den Mittelmeerinseln oder aus Ägypten. 

Die Gestalt und Darstellung der Frauen legt ins nahe, dass Fruchtbarkeit und Lust in der Frühzeit unserer Geschichte natürlich wichtige Lebenselemente waren. So lagern im Eingangsbereich der Höhle La Magdeleine »an Stellen der Felswände, die noch vom Tageslicht erhellt werden, zwei Frauen im Relief, das eine Bein angezogen, das andere ausgestreckt, wodurch dem die Höhle Betretenden der zudem besonders herausgearbeitete Schoss der Frauen dargeboten wird… und fast scheint es, als sollten die beiden zurückgebeugten Frauen zum Ausdruck bringen, dass die Höhle bereit sei, den Eintretenden in sich aufzunehmen.« (Hans Peter Dürr ›Sedna oder Liebe zum Leben‹ 1984, S. 61)

Angles-sur-lAnglin

Drei Frauenkörper mit betontem Schossdreieck aus Angles-sur-l’Anglin.

 Das häufigste Symbol der Urzeit ist die göttliche Vulva. Denn die Vulva als Symbol für ›das Tor des Lebens‹ gehört zu den meist verehrten weiblichen Bildern der Frau als Schöpferin des Lebens.

Vulva-La-Ferrassie

Vulva im Kalkfels, ca. 30’000 Jahre alt, La Ferrassie, Dordogne  (Musée Nationale de Préhistoire, Les Eyzies-de-Tayac).

Schon lange vor der Entwicklung des Ackerbaus stellten Menschen in der Kunst Vulvae, Samenkörner und Schösslinge dar. In frühesten Abbildungen der weiblichen Gottheit aus dem Aurignacien um 30’000 ist die Vulva als Pars pro toto in Felsen eingeritzt… Und zwar hier fast immer abstrakt und schematisch – meist dreieckig, halbkreis- oder glockenförmig, mit einem Strich oder Punkt zur Bezeichnung der Vaginalöffnung. Diese Bilder aus dem Jungpaläolithikum sind nicht nur rein physiologisch als Symbol für ›Frau‹ zu interpretieren, sondern stellen die Vulva und den Schoss der Göttin dar. (vgl. Marija Gimbutas, Die Sprache der Göttin, 1995, S. 99)

Gimbutasmarija

Auffallend an den auf Felsen und Höhlenwänden angebrachten Bildern und Zeichen ist, dass während 15’000 Jahren (ca. 32’000-17’000) ausschliesslich Frauenkörper und Vulven darstellungswürdig gewesen zu sein scheinen; männliche Darstellungen fehlen beinahe vollständig. Es ist eine wahrhaft eindrucksvolle Demonstration der Bedeutung der Frau in der Urzeit und der Verehrung ihrer Schöpfungskraft. 

Aus matrizentrischer Sicht ist es jedoch gegenstandslos, sich darüber streiten zu wollen, ob es nicht auch schon früh ein männliches Priestertum gab. Vielmehr ist anzunehmen, dass von jeher weibliche und männliche Kultträger wirkten, weil die sinnliche Seite der matrizentrischen Kulte mit ihrer Hochschätzung des sexuellen Aktes als ein zentrales Sakrament des Lebens (Heilige Hochzeit) die Beteiligung beider Geschlechter am kultischen Leben unentbehrlich machte.

Die Frau – Ursprung der Welt (›L’Origine du monde‹)

Das berühmte Gemälde von Gustave Courbet (1819–1877) aus dem Jahr 1866 enthüllt Frau und Vulva als Ursprung der Welt. Courbet drückt damit Verehrung für die Schönheit des weiblichen Geschlechts und natürliche Sexualität aus. Der Schockeffekt ist vom Maler beabsichtigt: er sah sein ganzes Wirken als Protest gegen überkommene künstlerische Konvention und Dogmatismus. Courbet suchte diese mit seinen Bildern zu sprengen. Als reine Pornografie hätte das Bild diese Wirkung kaum erzielt.

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Doch eine Kultur, welche die Frauen verachtet, diskriminiert, verabscheut und unterdrückt, verarmt und verroht!

Der patriarchal gesinnte Mann rächte sich allerdings am historischen Faktum der weiblichen Gottheit und Grossen Mutter und Schöpferin bis hin zur systematischen Vergewaltigung von Frauen im Krieg, der  Inquisition mit ihren perversen Foltermethoden und dem grauenvollen Ȕbel der Hexenverfolgung.

Indes kein Wort des Bedauerns findet Papst Benedikt XVI. 2005 noch als Joseph Kardinal Ratzinger über die vielen Millionen Toten der Inquisition und der Verbrennung unzähliger als Hexen verleumdeter Frauen. Er kann sich kaum die Reaktionen der Folterknechte auf die von ihnen entblössten Frauen, von denen die meisten noch nie zuvor überhaupt eine nackte Frau gesehen hatten, vorstellen! Da konnten die „frommen“ christlichen Folterer, mit Blick zwischen die Beine der nackten Frauen, die sie auf die Folterräder spannten, ihre sexuelle Frustriertheit durch Geilheit und Sadismus kompensieren. (vgl. Doris Wolf Hexenmassaker)

Im gewaltsam christianisierten Europa nehmen nach der Ermordung der Hebammen und Weisen Frauen, Männer – Ärzte – den Platz der Frauen ein und machen daraus einen prestigeträchtigen und einträglichen Beruf (wie auch schon die Kirchen an der Inquisition wacker verdienten). Sie verwehrten zudem den Frauen die nun geforderte Ausbildung zum Ärzteberuf!

Es ist festzuhalten, dass alle uns bekannten matrizentrischen Kulturen aus Vergangenheit und Gegenwart den Mann nie aus den sakralen Funktionen ausschliessen, während es umgekehrt zu den auffallendsten Merkmalen der patriarchalen Kulturen gehört, dass sie überall die Frauen und die Lust aus dem Priesteramt verdrängen – insbesondere im seit dem Fisch-Zeitalter dominierenden jüdisch-christlichen Abendland.

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Macht des Geschlechts

Der Autor – noch in der Schweiz (Graubünden).

Geboren in Bern, lebt er heute mit seiner Frau Jane in der Nähe von Kampala (Uganda, Ostafrika) sowie Bern. Rolf H. Meier arbeitete als Mathematiker, Physiker und Philosoph zunächst in der Erwachsenenbildung, dann in grösseren Finanz-Dienstleistungs-Unternehmen (wie Winterthur-Versicherungen und Schweizerische Mobiliar) und in der Schweizer Verwaltung (Bundesämter für Statistik und Privatversicherungen). Immer schon faszinierte ihn eines: umfassendes Wissen und Schreiben.

In Aktgemälden wird sie offensichtlich: die Macht des Geschlechts in der Kunst. Während viele der grossen Künstlernamen männlich sind, ist der überwiegende Anteil der gemalten Akte weiblich. Wie lässt sich das begründen? Dieser Frage stellt sich der Autor Rolf H. Meier.

Gender steht als Begriff für ein gewandeltes Verständnis von Geschlecht innerhalb unterschiedlicher gesellschaftlicher Kontexte. Geschlecht ist keine „natürliche“ Gegebenheit. Die Tatsache, dass es Frauen und Männer gibt und diese als zwei unterschiedliche Gruppen von Menschen wahrgenommen werden, ist vorrangig das Ergebnis einer Reihe von gesellschaftlichen Zuschreibungen und Erwartungen, die durch Erziehung, Medien, Rollenvorstellungen und Normen vermittelt werden.

Das biologische Geschlecht ist also nicht allein die Grundlage von Gender, sondern immer ein Teil von Gender. Wie Frauen und Männer ihr Geschlecht „verkörpern“ und was als „natürlich“ und „normal“ gilt, ist demnach immer auch abhängig von gesellschaftlichen Vorstellungen und Normen.

Dies heisst, auch das als „natürlich“ angenommene Geschlecht hat eine Geschichte, denn auch der naturwissenschaftliche und medizinische Blick auf Körper ist offenbar einem historischen Wandel unterworfen.

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Hasen in Entebbe.

Wir alle, Männer wie Frauen, Knaben wie Mädchen, haben unsere persönliche Erinnerung und Geschichte. Jedenfalls solange, wie unser eigenes Erinnerungsvermögen und die damit verbundenen Gefühle jenes Zusammenspiel zwischen Person und Gesellschaft, das uns von der Allgemeinheit unterscheidet, mitmacht.

„Alles wahrhaft Gesellschaftliche ist Druck auf das Individuum, ist Zwang, Anordnung und somit Herrschaft“ – wie José Ortega y Gasset in Der Mensch und die Leute ganz richtig bemerkt (Stuttgart 1961, 41968, S. 222). Und dieser kollektive Druck auf das Individuum kann uns auf Dauer krankmachen. Vielleicht zuerst nur ab und zu mächtig verstimmt oder depressiv. So höhlt Zeit den Stein des Weisen, bis er nachgibt und bricht: Alzheimer.

Die Ursachen der Alzheimer-Krankheit, die sich beim Menschen nach einer schleichenden Anfangsphase über mehrere Jahre bis Jahrzehnte entwickelt, konnten bis anhin nicht vollständig geklärt werden. Die ersten Anzeichen werden während längerer Zeit nicht bemerkt oder dem normalen Alterungsprozess zugeschrieben, bis es jedoch zu einer auffälligen Verschlechterung des Kurzzeitgedächtnisses sowie zu Denkschwierigkeiten, Konzentrationsschwäche und Sprachstörungen kommt. Das wird vom Patienten bewusst wahrgenommen, auch seine Probleme mit dem Zeitgefühl und der Orientierung, und in der Folge sind diese Symptome von Unruhe und Aggressivität begleitet, was sie für die Umgebung schwierig gestaltet.

Alzheimer ist der langsame Abschied vom Ich. Das ist es, was diese Krankheit für die Betroffenen, aber auch für die Angehörigen so quälend macht.“ (http://sp.medical-guide.net/deutsch/A/Alterserkrankungen/Alzheimer/page.html

Die Symptome der Alzheimer-Krankheit sind mit generativen Veränderungen im Gehirn gekoppelt, die die Demenz auslösen. Sorgfältige Beobachtungen des Verhaltens von Patienten und ihrer Stimmungsschwankungen über längere Zeit legen uns allerdings die Vermutung nahe, dass die Schwierigkeiten im Grunde weniger auf der kognitiven Ebene zu lokalisieren sind, denn mit chronischen emotionalen Unverträglichkeiten zusammenhängen, die schliesslich vom Erkrankten mit einem Abbau seiner „geistigen Fähigkeiten“ sozusagen kompensiert werden.

Die Betroffenen verabschieden sich also infolge chronischer Gefühlsdefizite zusehend von jener Fähigkeit, was wir als unser (höheres) Bewusstsein kennen; sie geben damit eines der wertvollsten Vermögen unserer menschlichen Existenz auf. Im Endstadium der Erkrankung verlieren die Patienten die Kontrolle und werden schliesslich vollkommen pflegebedürftig.

Die lebendige Erinnerung und wahre Geschichte von Frauen gleicht selten denen von Männern, selbst wenn sie sich auf ihrem Lebensweg getroffen und vielleicht, da sie sich gut verstanden, gar zum Zusammenleben entschlossen haben. Wahrheit und Wirklichkeit des Lebens und Erlebens brauchen sich keineswegs gegenseitig zu decken. Zu verschieden ist unser ewig währender Versuch, das traute Glück in sich und im anderen zu finden – als Mann wie als Frau. Die Macht des Geschlechts hat seine positiven wie negativen Seiten, in guten wie in schlechten Zeiten.

So weit so…? Nach wie vor ist es um unser Geschlechterverhältnis nicht zum Besten bestellt. Frauen mit Männern, Männer mit Frauen, auch Männer mit Männern oder Frauen mit Frauen – wir alle haben unsere liebe Mühe miteinander – unbesehen von Status und Alter. Ob noch ganz jung oder schon erfahrener, über 30 oder 40 geworden, so oder so vielleicht alt oder gar verbraucht: nie klappt es wirklich. Zwar arrangiert frau/man sich leidlich, sei es als Single, als Verheiratete, Getrennt/Geschiedene oder Wiederverheiratete.

Doch das „letzte Abenteuer“, die „Trophäe“ der Genderized Power, die wahre Kraft der Liebe gestaltet sich selten nach dem Geschmack der Partner, dem Gusto oder dem Willen der hiermit aktiv wie passiv Mitwirkenden. Oft bleibt, bewusst oder unbewusst, die Liebe – und zuletzt selbst auch noch die Lust auf der Strecke.

Mann und Frau sind sich also um keine Spur näher gekommen. Sogar nach der „sexuellen Revolution“ des 20. Jahrhunderts und der ihr auf dem Fuss folgenden pornographischen Massenproduktion gilt noch heute, was Hirschfeld kurz nach den Golden Twenties unbefangen zugab: „Die Sexualreform hielt in ihrer Entwicklung mit den Forschungsergebnissen der Sexualwissenschaft nicht gleichen Schritt. Wenn wir uns darüber im klaren sind, dass der Mensch eine Dreieinheit bildet von Körper, Seele und Geschlecht, so können wir uns nicht verhehlen, dass unter diesen drei gleichgewichtigen Schenkeln seiner Wesenheit das Geschlecht am meisten in seiner naturnotwendigen Bedeutung verkannt wurde und die unzweckmässigste Behandlung erfuhr. Mit der Unterdrückung des einen Hebels kamen aber auch die beiden anderen, Körper und Seele, aus dem Gleichgewicht.“ (Magnus Hirschfeld, Geschlechtskunde, III. Band: Einblicke und Ausblicke, Schlussbetrachtungen; Stuttgart 1930, S. 761)

Das hat gewiss seine guten Gründe und geschah und geschieht immer wieder. Denn die Geschlechter unterscheiden sich nicht allein dadurch, „dass das eine machtlos und das andere machtvoll ist und beide in einem Verhältnis von Opfer und Täter zueinander stehen. Es gibt vielmehr genderized power, mit der Männer und Frauen auf ihre je besondere Weise das Geschlechterarrangement weitgehend unbewusst gestalten.“ So jedenfalls heisst es in der Zusammenfassung zu einem Artikel von Gerhard Amendt, der vor nicht allzu langer Zeit in texte. psychoanalys. ästhetik. Kulturkritik erschien (Genderized Power, Männliche Passivität und weibliche Aktivität).

Der Sozialwissenschaftler Amendt geht hier speziell der Frage nach, warum Männer anhand ihrer „Veranlagung“ eher passiv, Frauen dagegen aktiv sind, so die einen öffentlich schweigen während die anderen reden, sprich: Politik machen. Frauen und Männer haben eben nicht dieselben Motive; sie sind auch historisch nicht aus dem gleichen Holz geschnitzt, wie ich es hier ausführlich darstellen werde. Ausgangspunkt ist die Macht des Geschlechts. Wir alle haben diesbezüglich an unserer persönlichen Erfahrung und Erinnerung zu tragen – wie auch die Last der sozialen Verantwortung, die uns als Mann oder Frau so ungleich in die Wiege gelegt ist.

Den „kleinen Unterschied“, der die Geschlechter körperlich trennt, lernen wir schon als Knaben und Mädchen im Vorschulalter kennen. Sei es beim geheimen Spiel im nahen Wald, oder auch daheim, wenn die Mutter gerade nicht zuhause ist. So war es wenigstens noch in meiner Generation. Alles andere ergibt sich danach, in der steten Entwicklung vom Kind bis zum Erwachsenen, wo immer auch das Geschlecht eine Rolle spielt. Indes ist uns dabei ein bestimmtes Organ in Vergessenheit geraten: die Klitoris („Kitzler“). Offenbar handelt es sich hier um ein allgemeines Phänomen – selbst in medizinischen Kreisen ist man sich des Wertes und der Bedeutung der Klitoris nicht bewusst; geschweige denn sie spielte schon in der Kinderstube und (Sexual-)Erziehung der Mädchen die ihr gebührende Rolle. Historisch gesehen erfuhr und erfährt diese Quelle des Wohlbefindens und der Lust der Frau meist Ablehnung, Missachtung und Verleugnung. Das war vor fünfzig Jahren so und ist auch heute nicht anders, wie wir beleget haben. In unserem Buch Macht des Geschlechts (Band 1) wird also insbesondere das Leitorgan der Frau und generell das Moment der Genderized Power ausführlich diskutiert und dann auch in zwei weitern Bänden historisch begründet (es sind mehr als 1500 Seiten mit teils farbigen Figuren und Bildern).

Die Vitalität des weiblichen Geschlechts sehen wir den  Figuren von Niki de Saint Phalle (* 29. Oktober 1930 in Neuilly-sur-Seine; † 21. Mai 2002 in San Diego; eigentlich Catherine Marie-Agnès Fal de Saint Phalle) – eine französischschweizerische Malerin und Bildhauerin der Moderne.

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Da Mädchen und Frauen nach wie vor in vielen Belangen benachteiligt sind, bleiben gezielte Massnahmen der Gleichstellungspolitik und Frauenförderung auch in Zukunft notwendig. So will es die nicht nur undifferenziert feministische Sicht der Dinge. Frauen kämpfen zu Recht um Gleichberechtigung, will heissen die Einebnung von Ungleichheiten, die seit langem in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Wissenschaft und Religion bestehen. Ungleichheiten sind nicht nur ideell, sondern wirklich vorhanden, im Grunde Ergebnis triebhafter Fehden, meist kriegerischer Kämpfe, die sich unter den Geschlechtern abspielten. Anfänglich waren es Rivalitäten, dann grössere Auseinandersetzungen, schliesslich der Krieg der Männer gegen Männer, der sie allein auf den Gipfel ihrer Privilegien führte. Weil diese seit langem bestehen, hält man sie gar als „naturgegeben“.

Gerade deshalb, weil „die Männer“ mit all ihren vermeintlichen und bisweilen erschreckend „männlichen“ Eigenschaften bloss eine Erfindung zum Zwecke der Begründung und Legitimierung ihrer selbst bzw. ihrer spezifischen Überlegenheit sind, dürfen sie in der Bedeutung und als Begriff nicht wörtlich genommen werden. Der Inbegriff „Mann“ muss hinterfragt werden wie auch sein Gegenstück, jener seltsame Idealbegriff: „Frau“. Maria und Minne ist eine Erfindung der Christen und mittelalterlichen Ritter: eine unwirkliche Überhebung und platonische Verehrung zum Zwecke der „sittlichen Veredelung“ der Geschlechter. Männer und Frauen sind nicht das, was wir gemeinhin annehmen; im Besonderen ist die historisch manifeste „männliche Herrschaft“ nicht als etwas ewig Naturgegebenes zu verstehen.

„Gesellschaft ist ein Gebilde von Menschenhand, ein Bollwerk gegen die Macht der Natur. Ohne Gesellschaft wären wir der Natur ausgesetzt wie Schiffbrüchige dem sturmgepeitschten, erbarmungslosen Ozean. Gesellschaft ist ein System ererbter Formen, die unsere demütigende Ohmacht gegenüber der Natur abmildern. Wir können diese Formen ändern, aber keine gesellschaftliche Veränderung, gleichgültig, ob allmählich oder jäh bewirkt, wird die Natur ändern.“ (Camille Paglia, Sexualität und Gewalt  oder: Natur und Kunst, München 1996, S. 1)

Das sind bemerkenswerte Worte einer Frau, die ich gerne in Kontrast zu den Worten Ortega y Gassets vom wahrhaft Gesellschaftlichen bzw. Druck auf das Individuum setze. Als (geschiedener) Mann könnte man ja fast der Versuchung erliegen, von den Frauenrechtlerinnen als ein der Gesellschaft und Natur feindlich gesinntes Wesen angesehen zu werden. Das hiesse, ihnen locker (schweigend) zuzustimmen, ohne nicht auch vorzuhalten, selbst ein nützlicher und wichtiger Baustein im Bollwerk gegen die Macht der Natur zu sein.

„Am Anfang war Natur. Vor ihrem Hintergrund und gegen sie wurden unsere Gottesvorstellungen gebildet, darum bleibt Natur Grenzbegriff in allen Fragen der Moral und Sittlichkeit.“ (Ebd.) – Aber gewiss nicht der Mann und auch nicht das Wort [1]. Das zeigt uns die Geisteswissenschaftlerin Paglia, die am Philadelphia College of the Performing Arts lehrte.

[1] „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“ (Joh 1,1; Die Bibel, Revidierte Elberfelder Bibel, Wuppertal 1987)

Um zu beschreiben, dass Begriffe wie „Männer“ oder „männlich“ sich zwar vermeintlich auf das ihnen zugeordnete menschliche Geschlecht beziehen, aber mit Natur an sich nichts zu tun haben, benutzte die amerikanische Feministin Ann Oakley in ihrem Buch Sex, Gender, and Society (Towards a New Society, San Francisco 1972) den ursprünglich aus der Grammatik stammenden Begriff „gender“ (von lateinisch genus) für das grammatische Geschlecht der Wörter.

Die englische Sprache differenziert – anders als die deutsche – den Begriff Geschlecht in doppelter Hinsicht: Der Begriff sex steht für die biologischen Aspekte von Geschlecht; gender steht für seine sozialen und kulturellen Aspekte (im deutschen gibt es kein Wort dafür, zuweilen wird es als „soziales Geschlecht“ übersetzt).

Gender richtet so unseren Blick auf die gesellschaftlich geprägten Rollen, auf unterschiedliche Interessen, Bedürfnisse, Kompetenzen, aus denen faktisch die Lebenserfahrungen von Frauen und Männern, Mädchen und Jungen resultieren.

Der Begriff Gender respektive sein energetisches Pendant, Genderized Power, vermag also sichtbar zu machen, wie unsere Vorstellungswelt, unsere Sprache und unsere Gesellschaftsstrukturen durch das Denken in zwei Geschlechtern geprägt sind. Ebenso, warum dass Geschlecht nicht nur biologisch definiert wird, sondern eine sozial-kulturelle Kategorie ist, historisch gewachsen, veränderbar und politisch gestaltbar. Schliesslich werden Verhältnisse zwischen den Geschlechtern nicht von der Natur allein vorgegeben, sondern sie erscheinen wesentlich gesellschaftlich konstruiert. Insofern sind sie nicht statisch, vielmehr wandlungsfähig, immer soweit es die Rahmenbedingungen zulassen.

Ich bin Autor von einer dreibändigen Analyse des historisch gewachsenen Geschlechterverhältnisses als Erstlingswerk:

Rolf H. Meier, Macht des Geschlechts, 3 Bände; Norderstedt 2010

Jetzt schreibe ich eine absolut neue Form einer modernen Weltgeschichte. Der erste Band ist online als pdf-Datei greifbar. Der Titel lautet:

Auf der Revolutionsspur: Von der Steinzeit in die Gegenwart

1. Buch

Das 2. Buch sende ich Dir/Ihnen gerne zu. Du erreichst mich via

rolfh.meier@hotmail.com

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Shantel



Jeder ist einsam seit seiner Geburt. Einsamkeit kann aufgehoben jedoch nie überwunden werden.


In uns ist der Weg, die Wahrheit und das Leben.