Weihnachtsgeschichte 2020/21

Historische Sternjahre bilden mit den Epochenjahren das Gerüst unserer modernen Weltgeschichte. Es sind alles Revolutionsjahre: 1968, 1938, 1908, 1878, 1848, … – was durchaus einen nachhaltig positiven Effekt haben kann. So meinen wir auf Grund von authentischen Tatsachen, empirisch belegen zu können, dass auf der historischen Sternjahr-Skala, neben 1938, auch das Epochenjahr 223 v.Chr. in der Geschichte der Menschheit eine ganz besondere Rolle spielt – und wir datieren das sogenannte Fisch-Zeitalter zwischen die Epochenjahre 223 v.Chr. und 1938 – insgesamt eine historische Dauer von genau 2160 Jahren.

1938 begann der Zweite Weltkrieg (Angriff von Japan auf China 1937/8 ) und endete 1945 (Abwurf von ersten US-amerikanischen A-Bomben und Kapitulation Japans). Am 13. Dezember 1937 begannen die Kriegsverbrechen (Massaker) der japanischen Besatzer: in der chinesischen Hauptstadt Nanking (Nanjing) wurden über 200’000 (anderen Schätzungen zufolge über 300’000) Zivilisten und Kriegsgefangene ermordet sowie rund 20’000 Mädchen und Frauen vergewaltigt (sic!).

Wenn aber das „Fisch“-Zeitalter grösstenteils mit dem Glauben und Wirken der Christen in Verbindung gebracht werden muss, so betonen wir hier, dass Fische (pisces) keine religiöse oder gar esoterisch-astrologische Bedeutung hat. Vielmehr geht es uns um ein astronomisches Phänomen: den Durchzug des Frühlingspunktes durch den Himmelssektor der Fische (Sternbild). Nicht zuletzt die Alten Ägypter haben dieser Erscheinung zu Recht grosse Bedeutung zugemessen, ja ist uns im wissenschaftlichen Rahmen der symbolhistorischen Methode ein willkommener Schlüssel zum Verständnis alter Kulturen (Dr. H. Rudolf Engler, Die Sonne als Symbol. Der Schlüssel zu den Mysterien; Küsnacht-Zürich 1962).

Ein späterer Schlüssel ist die schriftliche Sprache, Kultur und Kunst. Die Kunstfertigkeit im Matriarchat hatte ein später nie mehr erreichtes unübertroffenes Niveau. Ägypten, Nubien, Mesopotamien, der Iran, Elam und das Industal hinterliessen eine frühe Töpferkunst von seltener Qualität und Schönheit.

Der Orientalist Carel J. Du Ry schreibt: »Die Verzierungen auf Ton waren die Vorläufer der ältesten Bilderschrift. Schon bald entstanden hieraus die ersten Schriftzeichen« (Völker des Alten Orient in ›Enzyklopädie der Weltkunst‹ 1977, S. 289). Die Keramik, die Symbole und die Erfindung der Schrift sind Zeugnisse der aussergewöhnlichen Kreativität der Menschen im Matriarchat (im Sinne einer von Frauen organisierten vorpatriarchalen Gesellschaft). Es ist ist ein erstes Kapitel der Kulturgeschichte, das sich bei allen Völkern vor dem Übergang zum Patriarchat findet.

Auch in Alteuropa wurden Schriftzeichen erfunden, nur sind sie schon viel früher belegt. »Die Sumerer gelten im allgemeinen zwar als die Erfinder der Schriftsprache, aber in Ostmitteleuropa entwickelte sich eine Schrift, die etwa zweitausend Jahre früher entstanden ist als alle bisher bekannten Schriften… Dass vor mehr als achttausend Jahren bereits eine Schrift erfunden wurde, erschien bisher so undenkbar, dass die Möglichkeit gar nicht in Erwägung gezogen und den Beweisen für ihre Existenz kaum Beachtung geschenkt wurde… Bei dieser Schrift des Alten Europa handelt es sich zweifellos nicht um eine indoeuropäische Schrift, ebenso wenig wie bei den kretischen Hieroglyphen, der Linear A und der kyprominoischen Schrift.« (Marija Gimbutas, Die Zivilisation der Göttin, 1996, S. 308). 

Als Erfinder der Schrift werden zwar sowohl die Sumerer als auch die Ägypter genannt. Doch, wer immer von der Wissenschaft als ihre Urheber und damit als ›Schöpfer der Hochkulturen‹ gehalten wird, die Erfindung der Symbole und der Bilderschrift sind Meisterleistungen des Matriarchats und bestanden schon längst als patriarchale Indo-Europäer mit Eroberungen und Kriegen vor 5500 Jahren begannen Alt-Europa, Mesopotamien und Ägypten zu überfallen.

Eroberungen und Kriege haben noch nie eine Kultur geschaffen, sondern die bestehenden Kulturgüter zerstört (z.B. in den letzten Jahren im Irak und Syrien). Die Wissenschaftler machten die Sumerer irrtümlich zu ›Kulturbringern‹ – wie sollten denn unzivilisierte Hirtennomaden grosse Kulturen geschaffen haben? Sie schufen auch keine ›blühende Kultur‹, wie viele glauben, sondern zerstörten jene der indigenen Völker, die viele Jahrtausende vor den Eroberungen der Arier blühten. Alle wirklichen Kulturen, friedliche, menschliche, zivilisierte Lebensgemeinschaften waren matriarchal; sie entstanden an den grossen Flüssen: am Nil, am Euphrat und Tigris und im Industal. 

Laut Marija Gimbutas kam es historisch zu einer erschütternden Begegnung, »als die frühesten Indo-Europäer …, die ich als ›Kurganvölker‹ bezeichne«, mit ihren Pferden aus dem Osten, aus Steppengebieten in Südrussland kamen. Die erste Berührung mit den Grenzgebieten des Alten Europa fand so um die Mitte des 5. Jahrtausends am Unterlauf des Dnjepr und an der Westküste des Schwarzen Meeres statt. »In den folgenden zwei Jahrtausenden riss der Strom der nach Ostmitteleuropa drängenden Menschen und ihre Einflüsse nicht mehr ab«. (Die Zivilisation der Göttin, 1996, S. 352) – »Die Mobilität der Kurganvölker basierte auf der Domestizierung des Pferdes, das bei den Ackerbauern des Alten Europa unbekannt war.«

Die Eindringlinge waren mit Stich- und Hiebwaffen ausgerüstet: mit langen Dolchmessern, Speeren, Lanzen, Pfeilen und Bögen. Zum Übergang von einer Muttergesellschaft zum waffenbewehrten Patriarchat, was sich spätestens um 5000 herum vollzog, führten somit Weidewirtschaft und Viehhaltung in grossen Herden, die nur mit Hilfe von Reitpferden und körperlicher Kraft zu beherrschen waren. – »Die Kurgankultur steht in krassem Gegensatz zur Gesellschaft des Alten Europa, die im wesentlichen friedfertig, sesshaft, matrifokal und matrilinear war und in der es keine Benachteiligung aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit gab.« Die Kurganvölker dagegen gehörten einer patriarchalischen und hierarchischen Kultur an. (Gimbutas) 

Das aggressivste der indoeuropäischen Völker war offensichtlich der mächtige Stamm der Horiter/Hurriter/Churriter. Sie wanderten in das Gebiet südöstlich des Schwar­zen Meeres ein und siedelten mit Sicherheit schon seit dem 5. Jahrtausend im südlichen Kaukasus. Von hier aus unternahmen sie ihre dreisten Überfälle und Eroberungszüge bis nach Ägypten. Die Indo-Europäer brachten die damalige alte Welt: das Alte Europa, Anatolien, Syrien, … unter ihre Herrschaft und setzten sich als despotische Herrscher über die hiesigen autochthonen Völker (vgl. Doris Wolf Der erste Krieg der Weltgeschichte). 

Im allgemeinen lassen die Wissenschaftler die sogenannten Indo-Europäer erst im 2. Jahrtausend auf den Plan treten. Doch diese griffen schon viel früher massiv in das weltgeschichtliche Geschehen ein. Sie waren die Eroberer Mesopotamiens und Ägyptens in der Zeit des Übergangs vom 4. ins 3. Jahrtausend.

Ȕberdies: »Der Niedergang des Alten Europa fällt zusammen mit der Indoeuropäisierung … einem umfassenden Veränderungsprozess, der einen ähnlich dramatischen kulturellen Wandel mit sich brachte, wie ihn der amerikanische Kontinent nach seiner Eroberung durch die Europäer erlebte.« (Gimbutas, Die Zivilisation der Göttin 1996, S. 352)

Die USA ist gegenwärtig das Imperium. Das christliche Europa, von wo es stammt, war lange kulturell führend.  Südamerika ist das Resultat seiner – aus Sicht Europas – erst relativ kurzen Geschichte. Japan spielte eine bedenkliche Rolle (gegen China und dann die USA) im Zweiten Weltkrieg – wofür es schliesslich mit den ersten A-Bomben-Abwürfen zu büssen hatte. Darauf enwickelte es sich zu einer führenden Industriemacht. China und Indien sowie nach wie vor der der Ferne Osten sind im kommen. Das bevölkerungsreiche und heute kommunistische China hat eine bemerkenswerte, alte Geschichte. Australien bleibt ein Kontinent auf der „anderen“ Seite des Erdballs. Afrika vergisst nach wie vor seine eigene (vorkoloniale) Geschichte – nicht zuletzt als Geburtsstätte des Homo sapiens sapiens.

Das Christentum als eine der Weltreligionen leidet an zwei offensichtlichen Mängeln: zum einen bevorzugt es ideologisch den Mann gegenüber der Frau; zum anderen missachtet es eines seiner wichtigsten Gebote: Du sollst nicht töten! Wie sonst hätte der Westen – die USA miteingeschlossen – soviele Kriege mit zu verantworten? Vom Gebot Du sollst nicht lügen! einmal ganz zu schweigen…

StNikolaus

n Germany, Santa Claus generally still takes the appearance of the traditional Roman Catholic bishop St. Nicholas. Kids prepare for his arrival by placing freshly polished boots outside their doors, along with carrots for the bishop’s horse. On Dec. 6, St. Nicholas Day, the bishop goes house to house with a book describing the children’s deeds. Depending on whether they were naughty or nice, he fills their boots with either something good, like sweets, or something not so good, like twigs.

Heiliger Vater, Jesus Gottessohn, Papst, Lord… Wo bleiben da die Frauen?

StNickoaus

Doch verlieren wir die Hoffnung nicht. Neue Fähigkeiten, Perspektiven und Werte erwachsen vielleicht nicht zuletzt auch aus den Veränderungen, die aus dem neuen Trend im Zeitalter der Wasserfrau hervorgehen. Dabei denken wir auch an das Zusammenleben zwischen Mann und Frau: an die heute sichtbaren Ansätze und den Zukunftschancen für eine echte  Emanzipation beider Geschlechter und damit einer Neugestaltung der Gesellschaft. „Alles in allem geht es um nichts Geringeres als ein Neues Menschenbild und gleichzeitig um einen Neuen Kulturbegriff.“ (Carola Meier-Seethaler)

Dabei erinnern wir hier erneut daran, dass die ersten, noch religiös motivierten Wissenschaftler Frauen waren, so etwa als Priesterastronomin und zugleich als Mondpriesterin mächtig. Etwa die  namentlich erwähnte Priesterastronomin En-Hedu‛anna – eine Tochter des ersten „Welt-Herrschers“ Sargon I. von Akkad. Doch die Frauen haben leider im Laufe der Geschichte, in der Religion wie in der Wissenschaft, das Zepter an den Mann abgegeben. Insofern war diese nun neomaskulin dominierende Spezies, neben expansivem Handel und ebensolcher Kriegsführung, im Kreis ihrer begabtesten Vertreter auch noch zu anderem fähig: neuer Religion und Wissenschaft. Je exakter letztere wurde, desto mehr Mathematik als Sprache musste hier investiert werden. Vielen Priesterinnen passte das nicht.

Ohne diese modernen Bestände männlicher Interaktion wäre die heutige Geschichte, Gesellschaft, Wirtschaft und Technik nicht zu begreifen. Eine Folge dieser Dominanz ist aber auch das völlige Unverständnis gegenüber den wahren Ursprüngen unserer Kultur. Leider gibt es nur wenige Stimmen, die zu Recht ein kompetentes Gegengewicht legen. Eine haben wir in Macht des Geschlechts (3 Bände, Norderstedt 2010) oft zitiert: Carola Meier-Seethaler (* 1927, München), aus Ursprünge und Befreiungen. Die sexistischen Wurzeln der Kultur; Bern, Mai 1988; (online: www.opus-magnum.de/download/meier_seethaler_urspruenge.pdf. Die Originalausgabe erschien unter dem Titel: Ursprünge und Befreiungen. Eine dissidente Kulturtheorie im Arche Verlag, Zürich – Opus Magnum; vollständig überarbeitete Neuauflage Stuttgart 2011: jedes der vier Kapitel wird durch den Einbezug neuer Fakten bereichert, das letzte mit der kritischen Analyse der wirtschaftspolitischen und der religiös-moralischen Verwerfungen unserer Gegenwart.

Im ersten Teil ihres Buches stellt sie dar, „wie die Kultur der menschlichen Frühzeit von dem Bewusstsein durchdrungen war, dass das weibliche Geschlecht in besonderem Masse magische Kräfte besitzt, was mit der Fruchtbarkeit der Frau in Zusammenhang steht. Ihre Fähigkeit, Leben hervorzubringen, verlieh ihr den Nimbus des Heiligen und prädestinierte sie zur Mittlerin zwischen den göttlichen Mächten und der menschlichen Gemeinschaft. Kulturen, in denen der weibliche Einfluss dominiert, sollten deshalb streng genommen nicht als »Matriarchate« bezeichnet Werden, weil in diesem Begriff das Wort »Herrschaft« steckt und er daher die These suggeriert, in der vorpatriarchalen Gesellschaft hätten die Frauen »geherrscht« im Sinne eines hierarchischen Machtgefälles. Eine solche Vorstellung aber wäre nichts anderes als die Rückprojektion des patriarchalen Herrschaftsstils in die Vergangenheit, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Ich bevorzuge daher die Wortprägung »matrizentrisch«, wie Erich Fromm sie vorgeschlagen hat, um damit auszudrücken, dass in solchen Kulturen die magisch-mütterlichen Kräfte der Frau im Zentrum der Gemeinschaft und im Zentrum des kultischen Lebens stehen. Dabei ist nicht zu übersehen, dass auch dieser charismatische Einfluss unter den Mitgliedern der Gemeinschaft starke innere Abhängigkeiten schafft und dass die matrilineale (…) Sippenordnung immer dann, wenn die Frauen die Hauptträgerinnen der Subsistenzwirtschaft sind, auch zur materiellen Abhängigkeit der Männer von ihren Matriclans führt. Doch sind im Gegensatz zu den späteren Herrschaftsverhältnissen des Patriarchats solche Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse nicht bewusst geschaffen, sondern die natürliche Folge der mutterzentrierten Familie.“ (Carola Meier-Seethaler, Ebd. {32}, Fassung 1988)

Meier-Seethaler

Die Fruchtbarkeit der Frau verlieh ihr aber nicht nur magische Kräfte, die offenbar über jene des Mannes bedeutend hinausgingen, sondern verband sie über ihren Monatszyklus in besonderem Masse mit dem Mond, der Mondgöttin als natürliche Zeitgeberin. Dieser Bezug ist so konkret und offensichtlich, dass er kaum übersehen werden kann; und doch geht er nur allzuleicht in Vergessenheit. Das historische Ergebnis drückt etwa – der sonst so luzide Hermann Weyl – zu Beginn seiner Raum · Zeit · Materie wie folgt aus:

„Die tiefe Rätselhaftigkeit des Zeitbewusstseins, des zeitlichen Ablaufs der Welt, des Werdens ist vom menschlichen Geist, seit er zur Freiheit erwachte, immer empfunden worden; in ihr liegt eines jener letzten metaphysischen Probleme, um dessen Klärung und Lösung Philosophie durch die ganze Breite ihrer Geschichte unablässig gerungen hat. Der Raum ward durch die Griechen zum Gegenstand einer Wissenschaft von höchster Klarheit und Sicherheit. An ihm hat sich in der antiken Kultur die Idee der reinen Wissenschaft entfaltet, die Geometrie wurde zu einer der mächtigsten Kundgebungen des jene Kultur beseelenden Prinzips der Souveränität des Geistes. An die Geometrie hat sich, als die kirchlich-autoritative Weltanschauung des Mittelalters in die Brüche ging und die Wogen des Skeptizismus alles Feste hinwegzureissen drohten, der Wahrheitsglaube wie an einen Fels geklammert; und es konnte als das höchste Ideal aller Wissenschaft aufgestellt werden, »more geometrico« betrieben zu werden.“ (Vorlesungen über allgemeine Relativitätstheorie; 3. umgearbeitete Auflage, Berlin 1919, S. 1f)

Der Raum, ja offenbar kein Problem. Aber warum und wozu ist das Wesen der Zeit? Die Zeit im Bewusstsein einer Priesterastronomin und mächtigen Mondpriesterin ist eben vorab nicht nur ein „metaphysisches“ Problem des zur Freiheit erwachten menschlichen = männlichen „Geistes“, der ohnehin – in der kirchlichen Tradition – im Gegenteil höchst autoritär geführt war und so nicht nur das natürliche Bewusstsein der Frauen unterdrückte. 

Dazu kommt die Dämonisierung der Sexualität, was die monatliche Blutung der Frau erst Recht zu einem Tabu machte und sie als „unreiner“ Mensch an den Rand drängte. Da hilft alles nichts, auch nicht, wenn der so begabte Hermann Weyl sein herrliches Buch Raum · Zeit · Materie seiner Frau widmet, die ihn (mit ihrer Erfahrung als wissenschaftliche Übersetzerin) ja offenbar auch beim Schreiben kräftig unterstützte.

Und das westliche Vorbild wirkt weiter, ob wir es wollen oder nicht… Schlechte katholische Kopie in Afrika:

African

Fehlendes altes wie neues historisches Bewusstsein.

carola-meier-seethaler-urspruenge-und-befreiungen-eine-dissidente-kulturtheorie

Indes Deutsch spricht im schwarzen Kontinent Afrika kaum jemand. Eher noch Französisch.

meiersee

In ihrer 1949 erschienenen populärwissenschaftlichen Untersuchung: Le deuxième sexe (Das andere Geschlecht) schreibt nun die Gefährtin von Jean Paul Sartre, Simone de Beauvoir, dass Frauen aus der Arbeiterschicht in der Arbeit wahrscheinlich nicht die Transzendenz erreichen wie die berufstätige Frau – und dass die Verkäuferin vermutlich die Ehe der Sinnlosigkeit ihrer Arbeit vorzieht. Zusammenfassend stellt sie fest, „dass sich in diesen Fällen die Unabhängigkeit nur dann erlangen lässt, wenn die ganze betroffene Gesellschaftsschicht nicht unterdrückt ist. Sie konzentriert sich jedoch nach wie vor auf das Individuum und dabei besonders auf die berufstätige Frau aus der Mittelschicht.“ So ihre eher eurozentrische Analyse.

Ihr idealistisches Beharren auf der Freiheit verstellt ihr auch zum Teil den Blick darauf, dass sie sich sowohl den dialektischen Materialismus als auch die Psychoanalyse in ihrer Untersuchung der Lage der Frau hätte zunutze machen können.

Simone-deB

Simone de Beauvoirs bedeutendster Beitrag zum Existentialismus findet sich in ihrem Werk Das andere Geschlecht (Le deuxième sexe), in dem sie die Situation von Frauen aus einem existentialistischen Blickwinkel analysiert. De Beauvoir erklärt darin: Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es. Davon ausgehend, dass es keine „weibliche Essenz“ gibt, untersucht Simone de Beauvoir, wie die Frau als „das Andere“ konstruiert wird, das „zur Immanenz verdammt“ ist.

In Le deuxième sexe tritt Simone de Beauvoir für die Gleichberechtigung der Frau ein. In der monumentalen, auf Biologie und Psychiatrie gestützten Studie, versucht die Autorin zunächst die Besonderheit der weiblichen Physis und Psyche zu charakterisieren; und dann, anhand reichhaltigen Materials aus Soziologie, Geschichte und Literatur, jenes Bild der Frau zu analysieren, das – jenseits aller Verherrlichung in Mythos und Gesetzgebung – durch Jahrhunderte hindurch konstant geblieben ist. Nicht die Natur hat die Frau zur Unselbständigkeit verdammt; die Frau als das „schlechthin Andere“ ist ein Produkt der Zivilisation im weitesten Sinne – ihr ist dieses Los so vom Manne zudiktiert worden.

Selbständige, freiheitliche Frauen sind bis zum Beginn des neuen Zeitalters der Wasserfrau eher Ausnahmen in der neuzeitlichen Geschichte. Wenn vielleicht die Grosse Mutter und Göttin als Vorbild einst im Zentrum der Gesellschaft stand, so hat das jüdisch-christliche Abendland dieses Bild zurückgedrängt. Und also verblassen lassen oder als Zerrbild wie: Heilige Jungfrau Maria, doch Mutter eines Gottessohnes (sic!), verklärt und sinnentleert. Allerdings besteht immer noch Hoffnung gegen das dreiste Diktat.

Mehr zum Begriff Zeitalter: Unsere Hand – von Frau oder Mann – ist ein uns gegebenes natürliches Werkzeug. Mittels künstlichen Werkzeugen wie z.B. die Hacke und Schaufel, der Hammer oder die Nadel setzen wir unsere Hände noch effektiver und universeller ein.

Two_hand,_ten_fingers

Die Hand des modernen Menschen unterscheidet sich allgemein von allen übrigen Primaten durch vollendete Opposition (Gegenstellung) des Daumens gegenüber dem Zeigefinger. Eine Eigenschaft, die die menschliche Hand zu der ihr eigenen Genauigkeit der Arbeit und jeglicher Form von Kulturtätigkeit befähigt – nicht zuletzt mit den sinnvoll gemachten bzw. konstruierten und ebenso angewendeten Werkzeugen.

Hiervon finden wir, als die ältesten bisher bekannten Spuren menschlicher Tätigkeit, in steinzeitlichen Felsgravuren. Bis es dann in einer komplizierten Entwicklung im Jungpaläolithikum zu einer ungeahnten Entfaltung der Werkzeugindustrie kam und also zu einem stürmischen kulturellen Aufschwung. Dieser fand in der neolithischen Revolution (Sesshaftwerden des Menschen, Viehzucht, Ackerbau) ab ca. 10’000 v.Chr. einen ersten Höhepunkt.

SumerianCulture

In allen Mythologemen gelten die Frauen als die Begründerinnen der Pflanzenkultivierung, d.h. des Garten- und Ackerbaus. Auch von Seiten der Wissenschaft ist der Ackerbau als weibliche Kulturleistung heute unbestritten. Nur diejenigen Völker haben den Übergang von der nomadisierenden zur sesshaften Lebensweise vollzogen, bei denen die Sammelwirtschaft mindestens gleichbedeutend neben der Jagd bestand. Das heisst aber nichts anderes, als dass die Frau die Promotorin der neolithischen Revolution war.

Der kulturelle Aufschwung führte zum Bau von regelrechten Städten im Stier-Zeitalter (4543 bis 2383 v.Chr.).

Die erste  Stadt der Welt überhaupt entwickelte sich aus der sumerischen Siedlung Eridu mit der Gründung um 5’400 v.Chr. – was zahlreiche andere Stadtgründungen im weiteren Umfeld mit sich zog. Die Städte Mesopotamiens waren meist um einen Tempelbezirk herum angelegt. Eine Stufenpyramide (Zikkurat) markierte den Stadtmittelpunkt und war Wohnsitz des Stadtgottes. 

SumerianFirstCityEridu1

Die benachbarte Stadt Ur wurde ab etwa 5000 v.Chr. besiedelt;  ihre Blütezeit war ca. 2500–1900 v.Chr. und eine Zikkurat des Mondgottes Nanna gehört zu ihren wichtigsten Bauwerken. Ebenso das anatolische Çatal Hūyūk – wo Bildnisse von Gottheiten in Menschengestalt nahezu ausschliesslich weiblichen Geschlechts sind
– ist uralt. 

FruchtbarerHalbmond

Verbreitung der neolithischen Revolution – ausgehend vom Fruchtbaren Halbmond in Mesopotamien.

Mit der Städtebildung in Südmesopotamien vollzieht sich der Übergang von der matrizentrischen Agrarkultur zur matrizentrischen StadtKultur. Dort ist der Ursprung unserer Zivilisation, über den wir schon früh dank einer Geschichtsschreibung näheres wissen. Am Anfang der abendländischen Zivilisation sind, so steht heute mit ziemlicher Sicherheit fest, nicht Männergesellschaften dominant, vielmehr matrizentrische Kulturen. Die Gesinnung der Bürgerinnen und Bürger der Stadtstaaten bzw. der Priesterverwaltung im Zweistromland ist offenbar hier noch nicht auf Krieg, sondern vorab auf die Erhaltung des Friedens bedacht.

In der nach dem Ruinenhügel Obeid (Ubeid,westlich Ur) benannte Phase der noch schriftlosen Kulturentwicklung Südmesopotamiens – seit Beginn der Hochkultur eine reich ausgestattete Tempelstadt – finden sich zahlreiche Tonfiguren von nackten, stehenden Frauen. Deren lebengebende Bedeutung wird durch die betonten spitzen Brüste, durch die schematische Verzierung des Schosses und häufig durch Säuglinge veranschaulicht.

Erstmalig fassen wir in der schriftlosen mesopotamischen Kultur den plastischen Bildgedanken der nährenden Frau, die figürliche Darstellung von Mutter und Kind. – Als matrizentrisch bezeichnet Carola Meier-Seethaler (in Ursprünge und Befreiungen) ganz allgemein Gesellschaften und soziale Gebilde, die alle Anzeichen einer Hochkultur tragen und die dennoch nicht dem gewohnten Bild männlicher Herrschaftsstrukturen und kriegerischer Machtentfaltung entsprechen.

Dies ändert sich grundlegend, als zu Beginn des im Zeichen des Widders stehenden Zeitalters (2383 bis 223 v.Chr.) vorab Männergruppen unter Einsatz von geschmiedeten Waffen (zuerst aus Bronze und dann Eisen) anfangen, die Macht der von Muttergöttinnen geleiteten Priesterinnen in Frage zu stellen und so die anfänglich matrizentrisch geprägten Kulturen radikal umformen. Dabei ist die Gesellschaft nicht zentralistisch organisiert. Fest steht, dass in Mesopotamien die politische Macht der Könige zunächst noch sehr gering ist; sie kann sich erst allmählich gegen die Priesterinnen und Priester der Tempelstädte durchsetzen. Das Zusammenleben ist im Grossen und Ganzen friedlich. Um 2350 v.Chr. lebte EnHedu’anna in Babylon – eine mächtige Mondpriesterin und so die erste namentlich bekannte Astronomin. So lässt sich die matrizentrische Religion weder aus irgendeiner Wirtschaftsform herleiten noch auf sie beschränken. Sie ist viel, viel älter als die neolithische Revolution und entspricht nicht einer bestimmten Produktionsstufe, sondern der Lebenserfahrung der frühen Menschen. 

Die unter den damaligen Völkern und Stämmen ausgetragenen Konflikte, Händel und bewaffneten Auseinandersetzungen sind noch bescheiden. Bei einem Dokument aus Lagasch ist von einer nur 60 Mann umfassenden Elitetruppe die Rede – so dass es überhaupt fragwürdig wird, hier schon von Krieg bloss als Möglichkeit zu sprechen. Dann aber, im 24. vorchristlichen Jahrhundert, beginnt König Sargon I. erstmals richtige Armeen zu organisieren. Damit verwirklicht er eine historisch ganz neue Idee: der semitische König errichtet das erste Grossreich der Geschichte. Der Begründer Akkads und Machthaber über ganz Mesopotamien soll von 2371-2316, 2350-2295, 2334-2279 oder 2330-2274 v.Chr. regiert haben (die Zeitangaben variieren je nach zugrundegelegter Quelle). Die Zeit der Eroberungskriege bricht an – das ist die bis heute dauernde Phase grenzenloser Kriege, die ausschliesslich männliche Herrscher in grossem Stil für ihre eigenen Interessen führen.

Im Zeitalter des Widders (aries = Sturmbock) – was nach modernen astronomischen Erkenntnissen von 2383 bis 223 vor Christus dauerte – fangen also erstmals besonders gut bewaffnete und durch ihre Kampftaktik den anderen überlegene Männergruppen an, die bisher vorweg matrizentrisch organisierten und mehrheitlich friedlichen Kulturen zu überlagern und hartnäckig umzugestalten. Damit geben sie dem Grundstock der ersten Hochkulturen, der lustvollen, göttlich lebengebenden und grundsätzlich Frieden gewährenden Frau, und ihrer grundlegenden Rolle in der Evolution einen ganz anderen Sinn. Sie wird etwa als heilige Jungfrau verklärt. Die Christen übernehmen diese unselige Praxis. Seither kann Weihnacht nur noch durch Verdrängung der Kriege und ihrer lebensfernen Ideologie gefeiert werden. 

„Die gesamte Geschichte des sumerisch–akkadischen, assyrisch–babylonischen, hellenisch–römischen und jüdisch–christlichen Abendlandes ist also – seit dem 24. Jahrhundert oder dem Stern- und Epochenjahr 2383 – eine einzige Folge von Kriegen. Sie steht im Zeichen der grossen, die Welt erhaltenden und gleichzeitig verfinsternden neomaskulinen Umwälzung oder Revolution. Mit der Pflege der Institution und Initiative Krieg hat sich der Mann nicht nur von der Frau abgesondert und ihrer Seele getrennt. Er wendet sich auch ab vom alten Licht der Sonne, der allgemeinen Erkenntnis und dem Bewusstsein: von der Wissenschaft, Philosophie und Religion.“ (Rolf H. Meier, Weltgeschichte 1, 2014, S. 182)

Mit dem Krieg kamen generell Kriegsverbrechen in die Welt – vorab der hier aktiven Männer – bis auf den heutigen Tag der sogenannt christlichen Kultur.

MyLai1968

MyLai 1968-9

Nach dem internationalen Strafrecht sind Obama und weitere Präsidenten – von Churchill, Mao, Putin bis Trump – schlicht Kriegsverbrecher. Doch sie werden nie angeklagt, weil ihre Nationen Vetomacht im UN-Sicherheitsrat sind. Obama wurde gar 2009 völlig zu Unrecht der Friedens-Nobelpreis verliehen.

Das Imperium, sticht auch anderweitig heraus. Die USA haben am ersten Tag des neuen Jahres 2021 die Schwelle von 20 Millionen Corona-Infektionen überschritten. Die Zahl der Todesfälle infolge einer Corona-Infektion stieg gleichzeitig nach Angaben der Johns Hopkins-Universität auf 346’408. Damit sind die USA mit Abstand das Land mit den meisten Corona-Infektionen und -Todesfälle weltweit.

Um was es aber den Ägyptern im Alten Reich (ca. 2700-2200 v.Chr.) und in der vorklassischen Zeit ging, also wesentlich im Stier-Zeitalter (4543 – 2383 v.Chr.), davon zeugt nicht zuletzt ihr Stierkult. Aus älterer Zeit wissen wir aber darüber herzlich wenig. Doch der Stier (lat. taurus) ist ein bereits in frühgeschichtlicher Höhlenmalerei an vielen Orten der Welt hervortretendes Symbol, das weit in geschichtliche Zeit hineinragt und sowohl sonnenhafte, als auch mond- und erdhafte Züge in sich vereinigt. 

Immerhin tragen die ägyptischen Pharaonen Hörnerkronen und führen den Titel „Stier“; ihr Herrschaftszeichen ist ein Gürtel mit den vier Gesichtern der kuhköpfigen Allmutter Hathor und ein Stierschwanz. Horus selbst ist der „Stier seiner Mutter“ und wird am Morgen als Sonne von ihr geboren. Er befruchtet sie am Mittag und kehrt am Abend in das mütterliche, kosmische „Weltgehäuse“, (das auch die Nacht- bzw. Unterwelt umschliesst) zurück, um es in Nachtfahrt zu durchwandern. 

Der Apisstier trägt als solcher oft die Sonnenscheibe zwischen seinen Hörnern. Denn die Alten glaubten, dass er im Frühling die Sonne auf seine Hörner nehme (anhebe), damit ihr Gott im Sommer höher am Himmel steht. Im Leben der alten Ägypter spielten überhaupt die Sonne und Sterne oder Sternbilder eine grosse Rolle, so besonders das Bild des Stiers. Dieser Glaube stammt offenbar aus einer Zeit, als der „Frühlingspunkt“ noch im gleichnamigen Zeichen stand. Der Apis-Stier ist ebenso die Verkörperung des Gottes Osiris (Osiris-Apis) und zugleich das allerheiligste Opfertier der damaligen Zeit. – In einem Grab in Sakkara (Nr. 3504) fand man sage und schreibe 300 eingelassene Stierköpfe aus Ton mit echten Hörnern. Wie könnten wir das Stier-Zeitalter besser charakterisiert sehen?

Stier-, Widder- und Hirschköpfe, vor allem aber Stierköpfe, bilden neben der Göttin das beherrschende Motiv religiöser Verehrung im bereits erwähnten Çatal Hūyūk in der heutigen Türkei. Wir finden sie einzeln oder in Gruppen an die Kultwände geheftet, zum Teil als plastische Gipsreliefs, zum Teil mit Originalhörnern des Wildtiers, dazu ganze Reihen von Stierhornscheiden in Gipsbänke eingelassen zu Bukranien, wie sie rund 4000 Jahre später auch in den kretischen Palästen gefertigt werden. (Das Bukranion als Schmuckmotiv von altgriechisch βουκράνιον boukránion „Rinderschädel“ wird gelegentlich auch Ochsenkopf genannt; es war in der griechisch-römischen Antike besonders beliebt und wurde in der Renaissance wieder aufgegriffen).

Stier, Widder, Hirsch und andere gehörnte Tiere sind universelle Kultsymbole der frühen Religionen. Wesentlich ist, dass die Tiergeburt die weibliche Kultfigur zu einer wirklichen Göttin macht, zu einer Gottesgebärerin, und dies hebt sie weit über irgendein vages Fruchtbarkeitssymbol hinaus.

Nach der Veröffentlichung seiner Forschungsarbeit in Çatal Hūyūk (1967 – im Bereich des historischen Sternjahres 1968) – wurde James Mellaart angegriffen, weil er veröffentlichte, was er gefunden hatte. Denn es waren ausschliesslich Männer, die zu seiner Zeit noch die Lehrmeinung beherrschten und damit im Alleinbesitz der Interpretationsmacht waren! 

Anhand von elf Skeletten, die man in Çatal Hūyūk fand – sie sind praktisch alle ausnahmslos weiblichen Geschlechts -, dürfen wir die sterblichen Überreste von Hohepriesterinnen sehen. Wenn diese Interpretation richtig ist – und es gibt keinen plausiblen Einwand gegen sie -, so haben wir hier eine frühe Form jener weiblichen Dominanz in der Priesterschaft vor uns, die 4000 Jahre später in Sumer und Babylon historisch aktenkundig geworden ist.

Die Mutter ist immer der Anfang, und ein mutterloses Wesen ist für den frühen Menschen unvorstellbar. So heisst es in altägyptischen Texten von der Göttin Nut/Neith: »Sie, die die Sonne gebar, die zuerst gebar, ehe denn geboren wurde«. Der astralen Übergeordnetheit der Himmelsmutter über die Gestirne – noch Maria steht auf dem Mond und trägt das Sternenkleid – entspricht in den Kultbildern von Çatal Hūyūk die Beziehung zwischen Muttergöttin und Stier. Überall thront die Göttin über dem Stier, weil sie es ist, die das heilige Tier gebiert. Und wie eine ferne Vorgängerin der Göttin von Çatal Hūyūk „hält schon die »Venus mit dem Horn«, ein bekanntes Steinrelief aus dem eiszeitlichen Laussel, ein Stierhorn in ihrer Rechten als Herrin der Tiere.“ (Carola Meier-Seethaler) 

VenusLaussel

Ähnliche Frauenfiguren, die alle sehr sorgfältig aus Kalkstein, Speckstein oder Elfenbein und später aus Ton gearbeitet sind, wurden zu Tausenden aus den prähistorischen Fundstellen vom Jungpaläolithikum (jüngere Altsteinzeit) bis zum späten Neolithikum (Jungsteinzeit) geborgen, was einen Zeitraum von rund 20’000 Jahren umfasst – und dies auf einem riesigen geographischen Gebiet. Sie gleichen einander in auffallender Weise, ob sie nun aus Spanien oder Frankreich, aus Mittel-, Nord- oder Osteuropa stammen, aus dem Iran, aus Nordindien, Syrien, Palästina, von den Mittelmeerinseln oder aus Ägypten. 

Die Gestalt und Darstellung der Frauen legt ins nahe, dass Fruchtbarkeit und Lust in der Frühzeit unserer Geschichte natürlich wichtige Lebenselemente waren. So lagern im Eingangsbereich der Höhle La Magdeleine »an Stellen der Felswände, die noch vom Tageslicht erhellt werden, zwei Frauen im Relief, das eine Bein angezogen, das andere ausgestreckt, wodurch dem die Höhle Betretenden der zudem besonders herausgearbeitete Schoss der Frauen dargeboten wird… und fast scheint es, als sollten die beiden zurückgebeugten Frauen zum Ausdruck bringen, dass die Höhle bereit sei, den Eintretenden in sich aufzunehmen.« (Hans Peter Dürr ›Sedna oder Liebe zum Leben‹ 1984, S. 61)

Angles-sur-lAnglin

Drei Frauenkörper mit betontem Schossdreieck aus Angles-sur-l’Anglin.

 Das häufigste Symbol der Urzeit ist die göttliche Vulva. Denn die Vulva als Symbol für ›das Tor des Lebens‹ gehört zu den meist verehrten weiblichen Bildern der Frau als Schöpferin des Lebens.

Vulva-La-Ferrassie

Vulva im Kalkfels, ca. 30’000 Jahre alt, La Ferrassie, Dordogne  (Musée Nationale de Préhistoire, Les Eyzies-de-Tayac).

Schon lange vor der Entwicklung des Ackerbaus stellten Menschen in der Kunst Vulvae, Samenkörner und Schösslinge dar. In frühesten Abbildungen der weiblichen Gottheit aus dem Aurignacien um 30’000 ist die Vulva als Pars pro toto in Felsen eingeritzt… Und zwar hier fast immer abstrakt und schematisch – meist dreieckig, halbkreis- oder glockenförmig, mit einem Strich oder Punkt zur Bezeichnung der Vaginalöffnung. Diese Bilder aus dem Jungpaläolithikum sind nicht nur rein physiologisch als Symbol für ›Frau‹ zu interpretieren, sondern stellen die Vulva und den Schoss der Göttin dar. (vgl. Marija Gimbutas, Die Sprache der Göttin, 1995, S. 99)

Gimbutasmarija

Auffallend an den auf Felsen und Höhlenwänden angebrachten Bildern und Zeichen ist, dass während 15’000 Jahren (ca. 32’000-17’000) ausschliesslich Frauenkörper und Vulven darstellungswürdig gewesen zu sein scheinen; männliche Darstellungen fehlen beinahe vollständig. Es ist eine wahrhaft eindrucksvolle Demonstration der Bedeutung der Frau in der Urzeit und der Verehrung ihrer Schöpfungskraft. 

Aus matrizentrischer Sicht ist es jedoch gegenstandslos, sich darüber streiten zu wollen, ob es nicht auch schon früh ein männliches Priestertum gab. Vielmehr ist anzunehmen, dass von jeher weibliche und männliche Kultträger wirkten, weil die sinnliche Seite der matrizentrischen Kulte mit ihrer Hochschätzung des sexuellen Aktes als ein zentrales Sakrament des Lebens (Heilige Hochzeit) die Beteiligung beider Geschlechter am kultischen Leben unentbehrlich machte.

Die Frau – Ursprung der Welt (›L’Origine du monde‹)

Das berühmte Gemälde von Gustave Courbet (1819–1877) aus dem Jahr 1866 enthüllt Frau und Vulva als Ursprung der Welt. Courbet drückt damit Verehrung für die Schönheit des weiblichen Geschlechts und natürliche Sexualität aus. Der Schockeffekt ist vom Maler beabsichtigt: er sah sein ganzes Wirken als Protest gegen überkommene künstlerische Konvention und Dogmatismus. Courbet suchte diese mit seinen Bildern zu sprengen. Als reine Pornografie hätte das Bild diese Wirkung kaum erzielt.

UrsprungderWeltGustave-Courbet

Doch eine Kultur, welche die Frauen verachtet, diskriminiert, verabscheut und unterdrückt, verarmt und verroht!

Der patriarchal gesinnte Mann rächte sich allerdings am historischen Faktum der weiblichen Gottheit und Grossen Mutter und Schöpferin bis hin zur systematischen Vergewaltigung von Frauen im Krieg, der  Inquisition mit ihren perversen Foltermethoden und dem grauenvollen Ȕbel der Hexenverfolgung.

Indes kein Wort des Bedauerns findet Papst Benedikt XVI. 2005 noch als Joseph Kardinal Ratzinger über die vielen Millionen Toten der Inquisition und der Verbrennung unzähliger als Hexen verleumdeter Frauen. Er kann sich kaum die Reaktionen der Folterknechte auf die von ihnen entblössten Frauen, von denen die meisten noch nie zuvor überhaupt eine nackte Frau gesehen hatten, vorstellen! Da konnten die „frommen“ christlichen Folterer, mit Blick zwischen die Beine der nackten Frauen, die sie auf die Folterräder spannten, ihre sexuelle Frustriertheit durch Geilheit und Sadismus kompensieren. (vgl. Doris Wolf Hexenmassaker)

Im gewaltsam christianisierten Europa nehmen nach der Ermordung der Hebammen und Weisen Frauen, Männer – Ärzte – den Platz der Frauen ein und machen daraus einen prestigeträchtigen und einträglichen Beruf (wie auch schon die Kirchen an der Inquisition wacker verdienten). Sie verwehrten zudem den Frauen die nun geforderte Ausbildung zum Ärzteberuf!

Es ist festzuhalten, dass alle uns bekannten matrizentrischen Kulturen aus Vergangenheit und Gegenwart den Mann nie aus den sakralen Funktionen ausschliessen, während es umgekehrt zu den auffallendsten Merkmalen der patriarchalen Kulturen gehört, dass sie überall die Frauen und die Lust aus dem Priesteramt verdrängen – insbesondere im seit dem Fisch-Zeitalter dominierenden jüdisch-christlichen Abendland.

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Neomaskuline Revolution

Eigentlich wollte ich nicht mehr als 30 und nur kurze Blogs machen; indessen was soll man alles an guten Vorsätzen haben, wenn die Welt eben doch ganz anders tickt. Sie will immer mehr und reicher versorgt sein, um letztendlich nicht einfach unterzugehen: Oswald Spengler studierte in Halle, München und Berlin die Fächer Mathematik, Naturwissenschaften und Philosophie und schrieb seine Dissertation über Heraklit. Doch sein Untergang des Abendlandes, Umrisse einer Morphologie der Weltgeschichte gehört denn effektiv zu den meistgelesenen geschichtsphilosophischen Werken des 20. Jahrhunderts.

Bereits 1921 hatte Oswald Spengler geschrieben: „Zu einem Goethe werden wir Deutschen es nicht wieder bringen, aber zu einem Cäsar.“ Dieser vielzitierte Satz spricht selbstverständlich nicht gegen Spengler, der Hitler bei der Reichspräsidentenwahl vom 10. April gewählt hatte, und – als er dann an der Macht war – den angekündigten Cäsar gerade nicht erkannte. (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes; Zwei Bände: Gestalt und Wirklichkeit und Welthistorische Perspektiven, München 1920 und 1922).

Das verbietet aber, „mit Hinweis auf Hitler, den Spengler undifferenzierterweise für einen »Dummkopf« hielt, sein prophetisches Genie demonstrieren zu wollen. Wäre denn dieses Genie, schliesslich, durch Untergänge erwiesen, die sich seither, wie der Untergang Preussens und der Reichsuntergang, tatsächlich ereignet haben?“ – fragt sich Hermann Lübbe in einem Artikel, den er aus Anlass des 100. Geburtstages Spenglers (29. Mai 1980) in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) schrieb (24./25. Mai 1980, Seite 67). Doch nicht nur das Deutsche Reich ist im Zweiten Weltkrieg untergegangen, sondern auch das faschistische Italien und das ganze von den US-Amerikanern befreite Europa einschliesslich Grossbritannien, wie wir am zögerlichen Verhalten Churchills bei der Besetzung Russlands mit der daraus militärisch resultierenden Ost-West-Teilung Berlins und des ganzen eurasischen Kontinents unschwer erkennen können.

Der Zweite Weltkrieg ist vorbei – und er hat das Denken und Verhalten der Menschen, die Summe aller irrationalen Reaktionen des durchschnittlichen menschlichen Charakters brutal und schonungslos modifiziert. Bezeichnenderweise sind aber faschistische Tendenzen in unserer Gesellschaft nicht verschwunden. Und: „Das Ende ist nahe. Um diesen Satz aussprechen zu können, braucht man nicht mehr in eine Sekte einzutreten. Kein Tag vergeht, ohne dass Zeitungen von den kriegerischen und friedlichen Schrecken berichten, die Gruppen von Männern verbreiten. Kugeln und Eisen bringen den Tod sofort, Gase, Essenzen und giftige Stoffe vielerlei Art in Luft, Wasser und Erde treiben ihn langsam näher. Pflanzen und Tiere sterben voraus. Der Mensch folgt langsam nach.“ (Volker Pilgrim, Der Untergang des Mannes, S. 173)

Aller Umweltproblematik, die Pilgrim in seinem Buch bereits Anfang der 1970er-Jahre des letzten Jahrtausends wahrnimmt und der uns nun bevorstehenden „Klimakatastrophe“ zum Trotz bzw. aller anderen grossen ungelösten Aufgaben kann der erfolgreiche Mann in Uniform es nicht lassen, seinem viel Jahrtausende alten Lieblingsspiel – dem Krieg – hemmungslos zu verfallen. Und das in einer Welt, wo die wechselseitigen Beziehungen und Abhängigkeiten immer deutlicher hervortreten und stärker als jemals zuvor in die nationalgeschichtlichen Abläufe eingreifen.

uniform

Er schreckt auf Befehl sogar nicht vor „ethnischen Säuberungen“ zurück. Nach entsprechenden Belegen, so selbst im uns geographisch nahen eurasischen Umfeld, brauchen wir nicht lange zu suchen. Die Politiker, im jüngsten Beispiel der georgische Staatspräsident Michail Saakaschwili und der ihm kämpferisch offensiv munter antwortende russische Präsident Medwedew, haben dagegen gar nichts zu sagen, hören indes diplomatisch auf die Stimme der inzwischen doch militärisch etwas reiferen Europäischen Gemeinschaft.

  1. August 2008, 10:09, NZZ Online:

Erfolgreiche europäische Vermittlung im Kaukasus-Konflikt

Klage gegen Russland vor dem Internationalen Strafgerichtshof

Der georgische Staatspräsident Michail Saakaschwili hat den von Frankreich vermittelten Plan für einen Waffenstillstand mit Russland angenommen. Es werde einen Waffenstillstand geben, erklärte er nach dem Treffen mit dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy. Dieser hatte den Friedensplan zuvor in Moskau vorgestellt.

(sda/Reuters/dpa/afp/ap) »Es ist eine Vereinbarung von Grundsätzen, und ich denke, wir haben eine volle Übereinstimmung von Grundsätzen«, sagte Saakaschwili in der Nacht zum Mittwoch nach dem Treffen mit dem amtierenden EU-Ratsvorsitzenden Sarkozy.

Auf der Grundlage des Friedensplans hat die russische Regierung das Ende der Militäroffensive in Georgien und einen Abzug der Soldaten angekündigt. Auch nach Ansicht des russischen Präsidenten Medwedews bieten die modifizierten EU-Vorschläge einen Ausweg aus dem Konflikt. Ein Passus über die Aufnahme von Gesprächen über den zukünftigen Status Südossetiens, der in einer früheren Fassung enthalten war, wurde zuvor entfernt.

Uno spricht von 100’000 Flüchtlingen

Im Krieg um Südossetien hatte Medwedew den Militäreinsatz gegen Georgien am Dienstag gestoppt. »Das Ziel der Operation wurde erreicht«, sagte der Staatschef. »Der Aggressor wurde bestraft.«

Nach russischer Darstellung wurden in der Region 1600 Zivilisten getötet und Tausende obdachlos. Georgien sprach von 200 Toten und Hunderten von Verletzten. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR meldete bis zu 100’000 Flüchtlinge.

Klage vor dem Internationalen Strafgerichtshof

Georgien hat beim Internationalen Strafgerichtshof Klage gegen Russland wegen »ethnischer Säuberungen« eingereicht. Dies bestätigte die Regierung in Tbilissi.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg ermahnte Russland, sämtliche Massnahmen zu unterlassen, welche das Leben und die Sicherheit der Zivilbevölkerung Georgiens gefährden könnten. Den Angaben zufolge reagierte das Gericht damit auf ein Notgesuch der georgischen Behörden.

Die russische Oberstaatsanwaltschaft kündigte derweil die Bildung einer Spezialeinheit zur Unterstützung der Bürger Südossetiens an, die in Den Haag oder vor dem Strassburger Menschenrechtsgericht Georgien wegen Kriegsverbrechen belangen wollen.

Austritt aus GUS

Der georgische Präsident Saakaschwili erklärte, sein Land wolle aus der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS), eines Zusammenschlusses von zwölf Teilrepubliken der ehemaligen Sowjetunion, austreten.

Georgien hatte am Freitag versucht, mit einer Militäroffensive die Kontrolle über das seit 1992 abtrünnige Südossetien zurückzugewinnen. Russland hatte mit einer gross angelegten Gegenoffensive reagiert.

Nato stärkt Tbilissi den Rücken

Die Nato stärkte Georgien den Rücken. Der Zustand, der vor Beginn des Krieges mit Russland geherrscht habe, müsse wiederhergestellt werden. »Es ist sehr wichtig, dass alle Parteien zum Status quo ante vom 6. August zurückkehren«, sagte Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer nach einem Treffen von Nato-Botschaftern mit ihrem georgischen Kollegen. An der Zusage des Nato-Gipfels, Georgien eines Tages in das Bündnis aufzunehmen, habe sich nichts geändert. Russland lehnt eine Nato-Mitgliedschaft Georgiens vehement ab.“

(www.nzz.ch/nachrichten/international/russland_georgien_sarkozy_1.804974.html)

Die georgischen Truppen in Abchasien haben nach Angaben von Kabinettsminister Temur Jakobaschwili die abtrünnige Region komplett verlassen. Die Soldaten seien von russischen Soldaten vertrieben worden, sagte der Minister. Ein russischer General hatte zuvor erklärt, dafür seien Separatisten in Abchasien verantwortlich gewesen.

Allein aus der von den Russen arg malträtierten Gori in Georgien nach dem Einrücken von 50 russischen Panzern strategisch wichtigen Stadt südlich von Südossetien, sollen rund 50’000 Menschen geflüchtet sein. Ungeachtet der Zustimmung Russlands und Georgiens zum Friedensplan lehnten die selbsternannten Regierungen Südossetiens und Abchasiens Verhandlungen mit Tiflis ab. „Es kann keine Gespräche mit den Organisatoren eines Völkermordes geben“, sagte Südossetiens selbst ernannter Präsident Eduard Kokojty laut einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Interfax. Vielmehr sollten sich die Richter eines internationalen Tribunals mit der georgischen Regierung auseinandersetzen.

Unter den „100’000 Flüchtlingen“, von denen das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR spricht, sind bestimmt viele Frauen und Kinder. Sie bleiben in der lakonisch kurzen Meldung der Neuen Zürcher Zeitung unerwähnt – sind nicht mehr und nicht weniger als ein stummer Teil der sogenannten Zivilbevölkerung. Wo bleibt ihr Sprachrohr, ist es tatsächlich noch immer so schwierig, die ihnen im Krieg gebührenden Stimmen zu geben? – Statt dessen wirbt Google auf der von uns zitierten Website, an die wir mit der kommerziell betriebenen Suchmaschine gelangen, für „Schöne polnische Frauen“. Diese sind von interessierten Männern bequem via http://www.interkontakt.net bzw. der Internationalen Kontaktbörse InterKontakt abzurufen: „Traumfrauen aus Polen suchen ernsthafte Beziehungen und Freunde.“

Na ja, dann viel Erfolg! Sollten wir besser unsere Suchgewohnheiten ändern oder einfach nicht auf solche Annoncen achten? Immerhin gehören diese doch auch zu der heute aktiv gelebten Genderized Power und Verkettung sexueller mit wirtschaftlicher Not.

Für die Art und Weise, wie wir den Verlauf der Weltgeschichte sehen – von der Steinzeit bis heute – sind zum Beispiel wichtig: Matriarchat, neolithische Revolution, patriarchale bzw. neomaskuline Umformung der Gesellschaft, neomaskuline und neofeminine Revolution.

Die von uns gewählte Form der Darstellung gibt es unseres Wissens noch nicht. Insbesondere gehen wir nicht zyklisch oder gar chronologisch vor, vielmehr assoziativ – von Thema zu Thema. Wir folgen also in der Geschichte, um sie zu gestalten, einem uns zugespielten flow von Ereignissen. Er wird wesentlich von unserem Vermögen der Intuition, einem unserer vier psychischen Grundfunktionen neben Fühlen, Denken und Empfinden nach C. G. Jung), gesteuert.

Das zeitliche Grundraster ist durch sogenannte historische Sternjahre oder Revolutionsjahre gegeben. Wie z.B. das Jahr 1968 – wo es gärte und rumorte – was für eine ganze Generation (zu der derAutor grhört) sprichwörtlich geworden ist. Allgemein bekannt ist das Revolutionsjahr 1848, oder 1788, in dessen Umfeld die Französische Revolution begann und die Vereinigten Staaten USA gegründet wurde. Merkwürdig genug, dass sich diese für die Geschichte gewiss entscheidenden Jahre genau alle 30 Jahre folgen. Rückwärts gerechnet: 1998, 1968, 1938, 1908, 1878, 1848, 1818, 1788…

Im Stern- und Epochenjahr 1938 – Beginn des Aquarius (astronomischer Frühlingspunkt im Sternbild Wassermann oder Wasserfrau, wie wir auch sagen) – lokalisieren sich zeitlich so wichtige Ereignisse wie: Beginn des 2. Weltkrieges 1938/39-45 (Überfall von Japan auf China), erste Computer (Konrad Zuse, Berlin: Z2 bis Z4 1938-1945) sowie Entdeckung der Atomkernspaltung (durch Lise Meitner und Otto Hahn)… 1938 ruft überdies Orson Welles am Radio mit seiner Hörspielsendung einer utopischen Marsinvasion (Der Krieg der Welten) in den USA eine Massenpanik hervor. Schon 1936, in Reichweite des Sternjahres 1938, kommt es bei den Olympischen Spielen in Berlin zu einem ersten Grosseinsatz des Fernsehens: alles in allem 28 Fernseh-Stuben werden von 150’000 Personen besucht. Dies ist die eigentliche Geburtsstunde dieses Mediums als Massenphänomen. Im folgenden Jahr zeigt die deutsche Reichspost auf der Funkausstellung in Berlin farbiges Fernsehen (180 Zeilen, 25 Bilder je Sekunde).

Besonders häufige, immer wiederkehrende psychische Muster formen sich in uns zu Grundmotiven bzw. Archetypen, die strukturierend auf die kollektive und individuelle Psyche wirkten. Sie entwickeln eine bedeutende, unwillkürliche Kraft, der sich keine individuelle Psyche auf Dauer entziehen kann. – Das kollektive Unbewusste ist so Lagerstätte des psychischen Erbes der Menschheitsgeschichte, welches sich, ähnlich wie der biologische Körper, durch die Evolution hindurch entwickelt hat und von verschiedenen Erfahrungen geprägt wurde. Alles, was irgendwann einmal von der individuellen Psyche eines Menschen ausgedrückt wird, ist zum einen Bestandteil der psychischen Grundkonstitution eines Menschen – und ebenso auf einer kollektiven Ebene Bestandteil der ganzen Gattung und damit des kollektiven Unbewussten. Diese fundamentalen Erkenntnisse veröffentlichte der Schweizer Tiefenpsychologe C. G. Jung erstmals in seinem Werk Psychologische Typen. Dieses Buch erscheint just im Umkreis des Stern- und Epochenjahres 1938, wie dem Vorwort zum 7. Tausend, Küsnacht/Zürich, September 1937 entnommen werden kann.

Fleming spürt 1928 das Penicillin auf, was aber erst später zur Einsatzreife gelangt – doch für die Medizin ein wichtiger Schritt ist. Im Umkreis des Stern- und Epochenjahres 1938 erfolgt dann die systematische Weiterentwicklung zum medizinisch einfach anwendbaren Reinpräparat (1939-1940). Das vorerst in einer geeigneten Nährlösung durch Züchtung eines geeigneten Stammes Penicillum notatum und später auch synthetisch hergestellte Antibiotika wird so zu einem der wirksamsten Mittel im Kampf gegen die Staphylokokken-, Streptokokken-, Gonokokken-, Meningokokken- und Pneumokokkenerkrankungen. Damit beginnt eine ganz neue Epoche der Chemotherapie, die allerdings als überdosiertes Gift auch gesunde Menschen und Tiere nicht verschont.

Einen wiederum anderen, völlig neuen Akzent in dem bahnbrechend-revolutionären Geschehen setzte die Einführung der Fertigungstechnik auf dem Fliessband. Was mit einer Masse neuer Produkte den Alltag der Menschen nachhaltig prägt wie auch ihr Arbeitsleben in den Fabriken in ungeahntem Masse verändert. Im historischen Sternjahr 1908 baute Ford, bis heute ein Mann mit berühmtem Namen, sein erstes Serien-T-Modell. 1911 wird der Wagen erstmals in grösserem Stil für Amerika auf dem Fliessband produziert und dann verlassen täglich tausend Lizzis die Fabrik. Es ist der Beginn des nicht mit Dampf, vielmehr Benzin getriebenen Automobil-Zeitalters – das etwa in Deutschland aber erst 1924 mit der Fliessbandfertigung des Opel Laubfrosch als die Geburtsstunde des „Autos des kleinen Mannes“ (der Ein-Liter-Motor brachte das Auto auf eine Spitzengeschwindigkeit von 60 km/h) bzw. dann 1938 (Gründung der Volkswagenwerk GmbH) und 1945 mit dem legendären Volkswagen aufrollte.

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Pablo Picasso (* 25. Oktober 1881 in Málaga, Spanien; † 8. April 1973 in Mougins, Frankreich), einer der grössten Maler, der bereits auf der Schwelle oder Brücke vom 19. ins 20. Jahrhundert stand, ist seiner Zeit um Jahrzehnte voraus. Sein umfangreiches Gesamtwerk umfasst Gemälde, Zeichnungen, Grafiken, Plastiken und Keramiken, deren Gesamtzahl auf 50’000 geschätzt wird. Es ist geprägt durch eine grosse Vielfalt künstlerischer Ausdrucksformen: Werke aus seiner Blauen und Rosa Periode und die Begründung des Kubismus zusammen mit seinem Freund Georges Braque im Sog des historischen Sternjahres 1908 bilden den Beginn seiner ausserordentlichen Künstlerlaufbahn. Er schafft damit die grosse, umfassende Revolution der Abstraktion in der bildenden Kunst. Eine ähnliche Transformation zur Abstraktion erfolgte gleichzeitig auch in der (12 Ton-)Musik (Atonalität) oder in der exakten Wissenschaft (Einsteins Relativitätstheorie).

Abgesehen vom kollektiven Unbewussten, technischem Fortschritt, von historischen Sternjahren und dem Moment der Revolution: Weshalb geht uns, so müssen wir uns fragen, die Geschichte der Menschheit, der politischen Formen, Wirtschaft, Wissenschaft, und Technik überhaupt etwas an? Warum interessiert der seit Jahrhunderten überlieferte Verlauf geistiger Strömungen, in der Kunst, Philosophie und Religion? Doch einfach daher: Weil wir die Gegenwart verstehen wollen. Wir möchten unseren Platz in ihr finden, um damit unserem Wirken in Zukunft mehr Sinn zu geben. Und es sollen Dinge bewahrt werden, die für uns und für viele wichtig sind.

Zum einen sind da uralte Gesetze, die uns dabei leiten. Die christlichen Zehn Gebote etwa sind eine Reihe von Geboten und Verboten des Gottes Israels, JHWH.  Sie sind als direkte Rede Gottes an sein Volk, die Israeliten, formuliert, und fassen seinen Willen für das Verhalten ihm und den Mitmenschen gegenüber zusammen. Sie haben im Judentum und Christentum zentralen Rang für die theologische Ethik und haben die Kirchen– und Kulturgeschichte Europas sowie auch des aussereuropäischen Westens wesentlich geprägt.

Moses, sofern er historisch wirklich existierte, soll also den Dekalog von Gott direkt empfangen haben. Dagegen ist das Folgende einzuwenden: die 10 Gebote sind abgeschrieben,  offfenbar vom Codex Ḫammurabi.

Erst beim Zusammentreffen mit der sumerischen Kultur am Anfang der Akkadzeit und der Gleichsetzung von Šamaš mit dem sumerischen Sonnengott Utu wurde aus der vormals weiblichen Sonne ein männlicher Gott. Sie dauerte nach mittlerer Chronologie von 2340 bis 2200 v.Chr. und ist nach dem in diesem Abschnitt dominierenden Reich von Akkade benannt. Nach unserer Zeitrechnung fällt der Beginn der Akkadzeit mit dem historischen Stern- und Epochenjahr 2383 zusammen; er ist also in Richtung der sogenannt langen Chronologie verschoben, ja unsere Rechnung mit ihr nahezu identisch.

Es ist der Anfang des sogenannten Widderzeitalters: eine neue Epoche im Zeichen der neomaskulinen Revolution – erstmals mit echten Kriegen versehen. Šamaš wird oft dargestellt, wie er zwischen den Bergen in den Himmel steigt, die Säge in der Hand, mit der er sich seinen Weg aus dem Gebirge gebahnt hat. Sein Symbol war die Sonnenscheibe mit (wie beschrieben) meist achtstrahligem Stern und wellenförmigen Strahlen: wohl Sonnenstrahlen an seinen Schultern sowie der Löwe und die Säge. – Die Wurzel Š-m-š bzw. S-m-s steht in allen semitischen Sprachen für ‚Sonne’, etwa im arabischen شَمْس (Schams) oder im Hebräischen שֶׁמֶשׁ (Shämäsh).

Šamaš war im babylonischen Pantheon niemals ein bedeutender Gott. Anders als andere Götter kommt er nur in wenigen Mythen vor. Seine Hauptheiligtum war der Tempel E-Babbar in Sippar, jedoch gab es auch Tempel, die er sich mit anderen Göttern, z.B. dem Mondgott Nanna in Aššur, teilen musste. Als Sonnengott, der alles sehen konnte und die Dunkelheit bezwang, galt er auch als Gott der Gerechtigkeit und der Rechtsprechung. Dementsprechend liess sich Hammurabi auf der berühmten Gesetzesstele, dem Codex Ḫammurabi darstellen, wie er die Herrschaftssymbole von Šamaš empfängt. Dieses Gesetzbuch entstand  mindestens 600 Jahre vor den 10 Geboten. 

In der christlichen Lehre und Religion kennen wir das Lamm als Symbol des friedvollen Menschen, der seine Kräfte in einer vollkommenen Art beherrscht – wäre da nicht die Hypothek der neomaskulinen Revolution, die leider das ganze christliche Fisch-Zeitalter (223 v.Chr. bis 1938) dominiert und bis und mit zwei Weltkriegen ihren durch Nächstenliebe und Vergebung bzw. Erlösung vorgeprägten Geist gründlich verunstaltet hat. Besagte Revolution ist geprägt von gnadenloser Konkurrenz und Vernichtungsangst.

Der Grosse Krieg (1938/9-1945) ist in gewissem Sinn ein Höhepunkt der neomaskulinen Revolution auch des mit der Industriellen Revolution und Technik ab 1788 initiierten Maschinen-Zeitalters. Die hier zu Land, Wasser eingesetzte Kriegsmaschinerie setzt neue Massstäbe. Der Mann übertrifft sich selber („voll Rohr“).

Krieg

Es bzw. er wird jetzt abgelöst durch ein Roboter-Zeitalter, eine neue Phase der Automation. Weitere Verlagerungen des technisch-wissenschaftlichen Interesses sind: Die grosse biologische und biotechnische Revolution – auf ihre Art wird hier erneut Menschheitsgeschichte geschrieben. Evolution ist nicht mehr nur die Veränderung der vererbbaren Merkmale einer Population von Lebewesen von Generation zu Generation. Also die Weitergabe von biologischen Merkmalen in Form von Genen, die bei der Fortpflanzung kopiert und an den Nachwuchs gehen. Durch künstliche Mutationen entstehen nun weitere unterschiedliche Varianten dieser Gene, die so verändert ganz neue Merkmale erzeugen und gewissermassen nicht mehr natürliche, vielmehr künstliche Lebewesen verursachen können.

Wissenschaft ist nicht wertfrei. Aus dem Wissenszuwachs der Mikrobiologie und Molekularbiologie im 20. Jahrhundert stehen heute der Gentechnologie Instrumente zur Verfügung, deren Einsatzmöglichkeiten und Gefahrenpotential derzeit nicht richtig überblickt und somit auch nicht abgeschätzt werden kann. Die stürmische Entwicklung setzt um 1998, kraft der nun vertieften Erkenntnisse über die Entstehung und Manipulation des Lebens, voll ein und sie überfordert damit zusehend Politiker wie Ethikspezialisten. Deshalb legen wir hier auch so grossen Wert auf die Schilderung naturwissenschaftlicher und technischer Erkenntnisse, weil ihr Einfluss auf die Weltgeschichte gerade auch vom Historikern selten richtig verstanden und eingeordnet und somit kaum in hinreichendem Mass gewürdigt wird.

Wir sprechen hier nicht von „maskuliner“, vielmehr neomaskuliner Revolution, weil die bisher bedeutendste historische Erscheinung nicht auf einer körper-seelischen Eigenschaft beruht, die dem männlichen Geschlecht a priori, vor aller Erfahrung und für alle Zeiten immanent ist. Das lässt sich anhand von sechstausend Jahren Geschichte, Kultur und Menschentum durchaus nachweisen. Männer waren nicht immer kriegerisch eingestellt – sie mussten ihr gewaltsames „Handwerk“ durch intensives Training – zuerst lernen. Temporäre Grundlage bildet insbesondere das viel später als „Wehrpflicht“ eingeführte Leistungssoll eines jeden (männlichen) Staatsbürgers, für einen gewissen Zeitraum in der Armee (allenfalls auch in einer anderen Wehrformation: – z.B. im Rahmen des biegsamen „Katastrophenschutzes“ seinem Land folgsam zu „dienen“. Es gibt auch keinen Grund zu Pessimismus. Armeen können abgebaut werden und das Leben mit seinen guten und schlechten Seiten steht prinzipiell allen, Frauen wie Männern offen.

Immerhin: Die neomaskuline Revolution ist, wie wir wissen, keine harmlose Erscheinung. Seit vielen Jahrhunderten, ja Jahrtausenden, werden immer wieder bewaffnete „Auseinandersetzungen“, sprich blutige Kriege ausgetragen. Wie im antiken Assyrien und Ägypten, in Griechenland und Rom, so auch im jüdisch-christlichen Abendland. Krieg geht gewöhnlich mit ausgedehnten Massakern einher; nicht selten wird er begleitet von systematischen Misshandlungen und sexuellem Missbrauch wehrloser Frauen. Krieg ist allzeit Vergewaltigung von Leben und Natur; sein typisches Bild: uniformierte Männer, die vor Waffen starren und um jeden Preis auf Vernichtung „des Feindes“ aus sind. Unter Einsatz der jeweils neuesten Technologien zerstören die so straff geführte Kollektive nicht nur militärische Anlagen und zivile Einrichtungen, sondern sie misshandeln auch die Umwelt. Etwa schon, wenn Soldaten für ihr blutiges Handwerk und Tun „nützliche“ Gräben ausheben, Breschen schlagen, Minen verlegen, ja Granaten und Raketen abschiessen, Stadt und Land bombardieren oder Wälder entlauben, anstatt mit dem Pflug oder anderswie gegen Hunger und Elend in der Welt anzukämpfen.

Dient der Krieg dem Fortschritt? Massive Zerstörung, Unterdrückung, Ausbeutung und permanente Bedrohung, die uns seit der neomaskulinen Revolution immer wieder „beglücken“, sind allerdings eng verbunden mit zahlreichen Erfindungen, Erneuerungen, ebenso mit Arbeit und Einkommen. Innovationen und revolutionäre Entdeckungen erfolgen nicht zuletzt auf dem Gebiet der internationalen Rüstung und Waffentechnologie. Der männliche Erfindungsgeist zeitigt hier denn auch stets raffiniertere Ergebnisse; heute wird das, was einst mit einem Kettenhemd und Harnisch begann, weltweit immer weiter getrieben, von der elektronisch gesteuerten Rakete bis zum Kriegsroboter. Immer leistungsfähigere Menschen-, Material- und Sprengstofftransporte, Entwicklungen, die im Rahmen von Militärbudgets betrieben werden, fördern ebenso die Logistik, die es braucht, um sich gegenseitig zu vernichten. Ohne den Krieg gäbe es vielleicht keine Instrumente wie leistungsfähige und zielgerichtete Raketen oder Düsenflugzeuge. Immer grössere, schnellere und potentere Maschinen, bewaffnete Jets, die pfeilschnell selbst den eigenen Lärm und Schall hinter sich lassen können, verschlingen für Entwicklung, Kauf und Unterhalt auch Unsummen. Sie sind aber genauso gut für die zivile Beförderung von Gütern und Menschen geeignet wie für Bomben und Atomwaffen. Das gilt auch für die überaus starken Raketen, mit denen der Mensch sich anschickt, den Weltraum zu erobern. Wie so viele Erfindungen uns vorerst Verletzung, Krankheit und Zerstörung versprechen, ist die Atomtechnik bzw. die Technologie der Kernspaltung gerade erst durch den letzten grossen Krieg hervorgebracht und angekurbelt worden, bevor sie uns in Friedenszeiten in der Energieerzeugung eine ganz neue Dimension erschlossen haben. Als Abfallprodukt jenes technischen Fortschritts haben wir jetzt das Beseitigungsproblem grosser Mengen radioaktiver Stoffe zu lösen.

Die Verbesserung der Logistik, die dank der Industriellen Revolution die Motorisierung und Mechanisierung des Krieges erlaubt, ist enorm. Mobile Truppen. die für wer auch immer im Einsatz stehen, können jeweils rasch in ihr Einsatzgebiet befördert werden. Ebenso ist es möglich, sie mit dem Nachschub an Nahrungsmitteln und Überlebenshilfen sowie den Bergen von Material zu versorgen, die für die konventionelle Kriegführung notwendig sind – sofern diese Art sich zu bekämpfen überhaupt noch erforderlich ist. Heute lässt sich massivste Zerstörung auch per Knopfdruck aus der Ferne erledigen. Schon in dieser Hinsicht zeigt sich der Widersinn des klassischen Krieges, der indes ein historisches Auslaufmodell geworden zu sein scheint. Die einzelnen Staaten, die als Monopolisten des Krieges abgedankt haben, müssen sich vorab im Kampf gegen die jüngsten Formen des massiven Terrorismus auszeichnen. Was als Krieg gilt, ist spätestens nach dem 11. September 2001 keine bloss akademische Frage mehr. Die Form politischer Gewalt, die derzeit weltweit zunimmt, ist der internationale Terrorismus. Entscheidend dabei ist, dass die Geheimdienste (auch jene der USA) sowohl gegen den konspirativen Terrorismus als auch für die Militärs arbeiten. Diese Verflechtung ist wohl nicht nur politisch, vielmehr überhaupt für die Terror-Szene und den weiteren Verlauf ihrer kaum kontrollierbaren Anschläge massgebend.

Krieg und Terror kann heute nur noch von einem gestörten Hirn und einer kranken Seele ohne Einschränkung befürwortet werden. Doch wer ist endlich in der Lage, solches Denken zu stoppen, was bremst den verfehlten Einfluss von Politikern und Militärs, die weltweit wie auch immer in grosser Zahl aktiv sind? Alles in allem teils hoch verblendete Männer, die uns stets eines Besseren belehren wollen? Wer reduziert oder entzieht ihnen radikal die finanziellen Mittel, ohne die sie ihr reales Kriegspiel und schändliches Handwerk nicht ausüben können? Wer stellt sie endlich unter internationale Kontrolle, unter verbindlichen, nicht regional und national begrenzten Befehl? Warum protestieren wir nicht nachhaltig gegen die politischen und militärischen Attacken, mit denen Übeltäter sich in regelmässiger Folge bestürmen und so die Welt laufend verunsichern – auch wenn sie im wohlbekannten Jargon ihre wahre Rolle verbergen, ja sich stets als Friedensstifter oder Sicherheitsberater ausgeben, wenn nicht gar als Märtyrer im armseligen Kanon religiös motivierter Fundamentalisten?

Indes wendet sich ein religiös-fundamentalistischer Terror an keinen Dritten, allenfalls will er durch seine Aktionen diesen Dritten erst herausfordern. Im Kampf gegen das schlechthin Böse kann hier – wie im Krieg – auf einzelne, womöglich völlig unschuldige Opfer keine Rücksicht genommen werden. Beispiele dafür sind die Giftgasanschläge der japanischen Aum-Sekte auf die Tokioter U-Bahn am 20. März 1995, das Bombenattentat auf das Verwaltungsgebäude in Oklahoma City am 19. April 1995, die Anschläge auf die amerikanischen Botschaften in Nairobi und Daressalam am 7. August 1998 sowie schliesslich die verheerende zweite Attacke 9/11 auf das New Yorker World Trade Center (wir kommen im 2. Buch unserer modernen Weltgeschichte ausführlich darauf zurück).

Krieg wird gewöhnlich als etwas unvermeidbar Selbstverständliches angesehen. Natürlich ist das Blödsinn, und wird auch nicht wahrer, durch Wiederholen von Krieg ist der Vater aller Dinge, wie wir es dem Fragment von Heraklit entnehmen: „Krieg ist aller Dinge Vater, aller Dinge König. Die einen macht er zu Göttern, die anderen zu Menschen, die einen zu Sklaven, die anderen zu Freien. Klar ist, allein der Mann begann sich unter Männern militärisch mehr zu organisieren – in grossem Stil zu bewaffnen und sich unter einen König zu stellen.

Die Entwicklung Mesopotamiens – zweifellos einer Keimzelle der Hochkultur – war bedingt durch das wechselvolle Spiel zwischen Sumerern und Semiten. Im Lauf des dritten Jahrtausends hat nämlich eine immer stärkere Semitisierung Babyloniens eingesetzt, die sich auch in wechselnder politischer Herrschaft der beiden Volksgruppen ausspricht. Das politische Spiel um die Macht endet um 2000 mit einem völligen Sieg der Semiten und praktischem Verschwinden des sumerischen Bevölkerungselements. Man nennt diesen semitischen Bevölkerungsanteil die Akkader nach der Stadt Akkad, unweit Babylon, in die mit ihrem Begründer Sargon eine erste semitische Dynastie an die Herrschaft kam.

Krieg hat es nicht immer schon gegeben: Mit dem Herrscher Sargon I. begann im 24./23. vorchristlichen Jahrhundert erstmals überhaupt der Aufbau und Einsatz grösserer Heere, die ihre Auskunft im Auftrag des Herrscherkönigs mit der klaren Zielsetzung hatten, im Krieg zu gewinnen. Es war gekoppelt mit der unsinnigen, aber anspornenden Idee, unter seiner Fahne ein Weltreich zu errichten.

Weltreich

Karte von der historisch ersten kriegsbedingten Ausdehnung eines sogenannten Weltreiches im Brennpunkt des Alten Orients, was erst unter Perserkönigen ihre Selbständigkeit verlor.

Seither ging und geht es mit uns, in der immer enger geschnürten Fessel der neomaskulinen Revolution und Expansion, nur noch abwärts. Ab dem zweiten vorchristlichen Jahrtausend immer rascher in Richtung einer grossen Katastrophe: vom ersten Moment an, als die militärische Reih- und Gliedbildung mit Hunderten von Soldaten ganze Wirklichkeit wurde – zum Entsetzen der Frauen und unterdrückten Völker, zur Freude der wenigen Herrscher und ihres königlichen Hofstaates -, bis hin zum Elend zweier Weltkriege, eine universelle Plage, wobei selbstverständlich zum bösen Spiel immer auch Frauen als Partnerinnen, Mitläuferinnen, Bewunderinnen und Profiteusen dazugehörten.

Zum neomaskulinen Expansionsdrang gehört historisch auch der Schiffsbau und das Zeitalter der Schiffahrt. Im 15. Jahrhundert werden grundlegende Veränderungen im Schiffsbau vorgenommen und neue Mittel der Kartographie und Navigation eingeführt, die schliesslich zur Wiederentdeckung Amerikas und Weltumsegelung durch die Europäer führt. Im Umkreis des historischen Sternjahres 1428 wird die portugiesische Karavelle gebaut. Als kleines Segelschiff mit Klinkerbeplankung hat sie ein Heckruder, drei Masten, zwei Rahsegel und ein Lateinersegel (Besansegel in Längsschiffsrichtung). Ein schon 1351 fertiggestellter Mediceischer Seeatlas enthält neue, auf Grund des Kompassgebrauches gewonnen Erfahrungen.

1492 erstellt der Nürnberger Patrizier Martin Behaim erstmals einen (im Germanischen Nationalmuseum, Nürnberg bis heute erhaltenen) Erdglobus, der damals natürlich noch ohne die Kontinente Amerika und Australien ist. Das ganze Mittelalter hindurch ist die Erde als Kugel betrachtet worden, es gibt keine einzige mittelalterliche Quelle, in der sie als Scheibe bezeichnet worden wäre. Der Apfel war im Mittelalter die geläufigste Metapher für die Erde, etwa in Form des Reichsapfels als Insignie des Kaisers. Behaim nahm also nur eine geläufige Redeweise auf, wenn er seinen Globus „Erdapfel“ nannte. Die Darstellung der Erde in Kugelform begründete keine grundsätzliche neue Weltsicht.

Welt

Doch die zunächst halbfertigen Umrisse der Welt werden nicht mehr lange so bleiben. Behaim, als Kaufmann im Flandern-Handel tätig, kam auf einer Handelsfahrt im Sommer 1484 offenbar zufällig nach Lissabon. Er hat schon mehrere Seereisen unternommen und der Nürnberger Mathematiker Regiomontanus, vielleicht ein Freund seiner Familie, unterrichtete ihn schon in jungen Jahren im Gebrauch des Astrolabiums. Dieser nautisch überaus wichtige Vorläufer des Sextanten, ursprünglich unter dem Namen Jakobsstab bekannt, ist gegen Ende des 15. Jahrhunderts noch nicht allzu verbreitet. Den Portugiesen ist er völlig unbekannt. Es leuchtet ihnen natürlich ein, wie wichtig ein Instrument ist, mit dem sich der Standort eines Schiffes auf See feststellen lässt.

Der portugiesische Kapitän Diego Cão, der gerade von seiner ersten Expedition nach Afrika erfolgreich zurückgekehrt ist, bittet den deutschen Tuchhändler und portugiesischen Ritter Behaim, ihn als nautischer Berater auf einer neuen Fahrt zu begleiten. Im Königreich Kongo, das der Portugiese 1482 erstmals besuchte, treffen am Abend des historischen Sternjahres 1488 die ersten christlichen Missionare ein (1490). Die frühe europäische Seefahrt steht immer auch im Zeichen der christlichen Mission, was bekanntlich zur Ausrottung ganzer Völkerschaften (etwa in Mittelamerika) und zur Verschleppung und Versklavung „nichtgläubiger“ – daher aus katholischer Sicht minderwertiger – Menschen (etwa aus Afrika nach Nordamerika) führte. Im Jahr darauf tritt der hiesige König Nzinga Nikuwu selbst zum Christentum über und nennt sich fortan Johann I. Sein Sohn und Nachfolger Nzinga Bemba (1507-1550) wird auf den Namen Alfons I. getauft.

1482 wurde die Festung São Jorge da Mina an der „Goldküste“ (heute Ghana) gegründet und damit das Gold des Sudans gewonnen. Die Einkünfte der Krone – 1481 bestieg Johann II. als 13. König den Thron: Dom João II, genannt „der Strenge“ oder „der vollkommene Fürst“ (O Principe Perfeito) – verdoppelten sich auf einen Schlag. Die zweite Fahrt des berühmten Kapitäns, der diese im Dienste eines vom Papst beeinflussten Königs unternahm und die sein Schiff mindestens bis zum Kap Cross (heute in Namibia) auf fast 22 Grad Süd führt – weiter südlich als ihrer Kenntnis nach je ein Europäer vorgestossen ist – dauert ganze 19 Monate (1485/6). Von dieser Expedition berichtet eine kurze Inschrift auf dem von Behaim angefertigten Erdglobus: „Als man zählte nach Christi unseres Herrn Geburt 1484 Jahre, liess zurüsten der durchlauchtige König Johann II. in Portugal zwei Schiffe, Karavellen genannt, bemannt, viktualiert und gewaffnet, versehen auf drei Jahre. Dem Volk und den Schiffen war in Königs Namen Befehl gegeben, auszufahren über die Säulen, die Herkules in Afrika gesetzt hat, immer gegen Mittag und gegen den Aufgang der Sonne, sofern es ihnen möglich sei. Auch versah der genannte König die Schiffe mit allerlei Waren und Kaufmannschaft, zum Verkauf und Verkauf.”

Hier sind genau die Elemente genannt, die wir unter der sogenannt friedlichen Version der neomaskulinen Revolution verstehen: ein nahezu unbegrenzter Expansionsdrang von Männern (Seefahrern, Frauen sind hier praktisch ausgeschlossen) im Auftrag eines Führers (des Königs als starrer Macht- und Befehlshaber und Cão als oberster Befehlsempfänger auf einem beweglichen Schiff) – vorerst noch ohne Massaker und Vergewaltigung, diese kommen aber hinzu, wenn man wie z.B. in Amerika effektiv auf die Bewohner eines bisher unbekannten Kontinents stösst! Auf alle Fälle sieht man sich „ehrenhaft“ vor und ist gut bewaffnet und allenfalls bereit, mit den „Untermenschen“ allenfalls auch „ehrlichen Handel“ zu treiben. Überdies wird unter Einsatz neuster Technologien (Steuerung und Navigation) das Meer als ein für damaliges Verständnis so gigantischer wie unbekannter Verkehrsweg benutzt, wobei der Nachschub in den Schiffen gleich für drei Jahre mitgeführt wird. Und der friedliche Handel, den man angeregt durch das Gold in der neuen Welt bestimmt im grösseren Stil zu tätigen hofft – je mehr und je günstiger desto besser, um sich im Namen der Krone möglicherweise grosse Schätze und Reichtümer (letztendlich auch blosses Geld) anzueignen-, die allein für den Bedarf einer mehrheitlich beschränkten Schicht von Begünstigten (jene die sich nahe um den König scharen) gedacht sind und deren Bedürfnis und Verbrauch zum Leben deshalb bei weitem übersteigen könnten.

Jedenfalls fällt an dieser Nachricht auf, dass Cão den Auftrag hat, immer „gegen Mittag“ und (wenn möglich) gegen den Aufgang der Sonne, also nach Süd-Osten zu fahren. Bisher haben nämlich die den Expeditionsführern mitgegebenen Instruktionen dahingehend gelautet, dass eine Verbindung zum mythischen Priesterkönig Johannes zu suchen sei, d.h. also, dass sie über den westlichen Arm des Nils nach Abessinien gelangen sollten. Davon ist hier keine Rede mehr. Nach Süden und Osten, soll die Reise gehen heisst es klipp und klar. Man kann den Auftrag daher nur so verstehen, dass nun das Ziel der portugiesischen Entdeckungsreisen eindeutig und ganz allein die Umfahrung Afrikas ist (in umgekehrter Richtung, als es einst die Phönizier im Auftrag Ägyptens taten). Damit wird fallengelassen und sinkt als Hülle leer zu Boden, was Heinrich der Seefahrer, Infant von Portugal, im historischen Sternjahr 1428 zum Beginn seiner Afrika-Unternehmen noch vor Augen hat.

Schiff

Viel weiter südlich als die Algarve, die eindrucksvolle Küste zwischen Lagos und dem Kap São Vicente, liegt die Westküste Afrikas. Da die Flotte für drei Jahre Reise ausgerüstet ist, wäre es gut möglich gewesen, dass der Ruhm die erste Umsegelung des Kaps der Guten Hoffnung bereits Cão zuteil geworden wäre. Und nicht Bartolomeu Diaz im Januar des historischen Sternjahres 1488. Warum Cão seine Fahrt frühzeitig abgebrochen hat, unterwegs erkrankt oder gar gestorben ist, wissen wir nicht. Auch von Behaim wird er später nicht mehr genannt.

Das Unternehmen dient später, und so von der katholischen Kirche geduldet, einem rein weltlichen Ziel: Gold…. Er wollte eigentlich nach „versteckten Dingen“ suchen, nach Geheimnissen, die hinter dem grauen Horizont der Meere liegen. Die wahre Motivation war wohl einst der Kreuzfahrergeist, also Eroberung für die Verbreitung des Glaubens.

Handel im grossen Stil sowie systematische, planmässige und zielbewusste Inbesitznahme von Schätzen und Reichtümern – also ebenso hier hemmungslose Expansion – schliesslich ist die vermeintlich friedliebende Ausbildung oder die friedliche Variante der neomaskulinen Revolution. – Dazu gehört letztendlich auch das sich Aneignen von Gold und sehr hoher Geldsummen, die ausschliesslich Privatpersonen und einigen wenigen Organisationen zugute kommen, welche die entsprechenden Vorrechte geniessen. Oft übersteigt so die Summe den Bedarf der Begünstigten im Hier und Jetzt bei weitem, ja bis ins Absurde.

Die Güter- und Geldakkumulation hat deshalb praktisch keinen Zweck und verliert jeglichen ökonomischen Sinn. Das Ergebnis der friedlichen Variante der neomaskulinen Revolution ist somit die sinnlose Anhäufung von Reichtum und ihr Ziel ist die stetige Vermehrung des materiellen Besitzes. Ein Nebeneffekt besteht im gesteigerten Einfluss, den irdischer Reichtum seinen Besitzern zu gewähren pflegt. Aber auch die rücksichtslose Einverleibung von Territorien durch sogenannt friedlichen Erwerb, durch Kauf oder Pfandnahme kommt vor – nebst Eroberung im Krieg, was den engen Zusammenhang zwischen der friedliebenden und der militärischen Spielart der Revolution unterstreicht.

Messbares Ziel bei der sogenannt friedlichen Variante ist heute nicht allein die Eroberung strategisch wichtiger Orte und Ländern als Absatzmärkte für seine Produkte, sondern bloss auch schon der Gewinn von Marktanteilen – so viel wie nur möglich und wo immer es geht, damit der Haupt-Konkurrent (Verlierer) möglichst zugrunde geht. Das Ergebnis ist so indirekte Einflussnahme auf die konsumierende Bevölkerung in den beanspruchten Gebieten, die Ausbeutung der hier vorhandenen Kaufkraft und hochgradige Marktmacht in rücksichtslos eroberten Märkten, die „sich selber regulieren“, was den Siegern immer wieder steigende Verkäufe und höhere Gewinne verspricht.

Dass zwischen dem oft tödlich endenden Ringen von Konzernen, die sich auf dem Weltmarkt als Tummelplatz gegenseitig auszustechen versuchen und sich pausenlos in den gnadenlosen Konkurrenzkampf zwischen den Anbietern verwickeln, wird übrigens von den hier agierenden: mannhaften, furchtlosen oder draufgängerischen Urhebern (Chief-Officers) keineswegs etwa verschleiert. Der mehr oder weniger faire Kampf um die launische Gunst der Käufer und Verbraucher steht vielmehr in engem Zusammenhang mit dem globalen Ringen der Unternehmen in „Friedenszeiten“. Und das wiederum gleicht den wirtschaftlichen und politischen Anstrengungen, den altbekannten, echt kriegerischen Auseinandersetzungen der Militärs um Vorherrschaft bzw. Gebiete und Territorien auf der Erde.

Männer1

Die (militärische) Verwandtschaft kommt nicht nur in dem bezeichnenden Wort Konkurrenzkampf deutlich zum Ausdruck, auch in der „Schlacht zur Eroberung der Konsumenten“, die in den grossen Konzernen einschlägig von Männern geführten Abteilungen – von der Produktentwicklung, dem Marketing über die Produktion bis zum Verkauf – nach aussen und selbst untereinander pflegen, um die vielleicht bereits gesättigten Märkte mit stets neuen, noch besser verkäuflichen Produkten beliefern zu können. Kurz: um den von den verschiedenen Divisionen im Unternehmen angezettelten Kampf endlich doch für sich zu gewinnen. Je besser der Umsatz und Gewinn, desto höher auch das persönliche Einkommen! Man spricht denn auch gern und ganz unverblümt offen davon, Offizier (CEO) mehrere Divisionen zu sein und im Markt, d.h. in einem kommerziellen Schlachtfeld gezielt Operationen zu tätigen.

Konkurrenzkampf – wenn auch ganz anderer Art- gibt es auch unter Frauen.

Konkurrenzkampf

Was wir alle hoffen ist, dass wir wieder einmal Subjekt, nicht Objekt, der Geschichte sein können.

Einer der wichtigsten Aspekte jeder Therapie liegt für Jung in der Individuation. Es meint die seelischen Struktur des Heilungsprozesses, was ein gleichsam individueller Teil eines grossen Schicksalsgewebes ist – aber auch eine allgemeinmenschliche dynamische Struktur aufweist. In der Selbstwerdung, in der Begegnung mit „dem Göttlichen in uns selbst“ liegt das eigentliche Ziel der persönlichen als einer gleichzeitig auch transpersonalen Genesung. Unsere Seele überwindet dann eine krankhafte Spaltung und bildet so wieder eine Einheit zwischen sich selbst und der realen Welt. – Wo Gott ist, spukt aber auch der Teufel herum. Das ist eine uralte Wahrheit, die etwa auch schon den alten Persern geläufig war. So erscheint in den mittelpersischen Texten der zoroastrischen Tradition der Name Ahriman, der die Zerstörung bzw. das Zerstörerische repräsentiert bzw. personifiziert.

Der Zurvanismus, eine ausgestorbene Form des Zoroastrismus, basierte auf einem Zwillingsbrüder-Mythos, nach der Ahura Mazda und Angra Mainyu (Ahriman) tatsächliche Zwillingssöhne des „Vaters“ Zurvan („Zeit“) waren (sic!). Die Doktrin des dunklen Teufels als Gegenpart zum hellen, göttlichen Licht wird also schon sehr früh – unmittelbar nach dem so elementaren wie unverstandenen Urgott ‚Zeit’ in die Welt gebracht.

Obwohl der „Zurvanismus“ spätestens im 10. Jahrhundert ausstarb, waren die anti-zurvanistischen Polemiken die ersten, die den Westen erreichten und so massgeblich das irrtümlich falsche Verständnis des Zoroastrismus prägten. Dieser Zustand setzte sich fort, und obwohl akademisch längst überholt, verzerrt er bis heute das Allgemeinbild dieser an sich bemerkenswerten Lehre oder Religion. Die Verzerrung aller Wahrheit äussert sich so unter anderem in der fixen Idee, dass der Zoroastrismus zwei Götter habe oder dass Ahura Mazda und Angra Mainyu direkte Widersacher seien, nur in Erhöhung unseres „einzigartigen“ Monotheismus.

Indes sind dem Gebot des Ahriman alle anderen bösen Geister untertan und die „schlechten Geschöpfe“: Giftschlangen, Raubtiere, Ratten, Mäuse, Ungeziefer wurden allein von ihm geschaffen, um den Sinn scheinbar gut Gläubiger zu verwirren. Wenn also immer der Mensch sich ehrlich seiner unbewussten Seele und ihrer Erkenntnis zuwendet (nicht aber, wenn man subjektiven Gedanken nachhängt), indem man ihre objektiven Äusserungen, wie Träume und Spontanphantasien, erwägt, wird früher oder später das Bild des Selbst in all seinen Aspekten auftauchen und so dem Ich Möglichkeiten der Lebenserneuerung schenken.

Das schwierigste Problem, das sich in diesem Zusammenhang stellt, ist nun die Tatsache, dass alle wesentlichen Erscheinungsweisen des Unbewussten – das heisst die drei seelischen Energien Schatten, Animus, Anima (die Verdunkelung des Bewusstseins sowie der innere Mann in der Frau bzw. die innere Frau im Mann, sic!) für das Selbst eine helle und dunkle Seite haben. So kann unser „Schatten“ (Jung) durchaus etwas Minderwertiges darstellen; in unserer Gesellschaft wird er oft als eine verwerfliche oder gar „zu besiegende“ Triebhaftigkeit missverstanden. Natürlich gibt es eine primitive, daher verwerfliche und in Richtung einer besseren zu entwickelnde Triebhaftigkeit. Doch sollten wir lieber unser Augenmerk auch auf eine edlere, glückliche Sexualität lenken, als stets nur ihre schlechten Seiten zu sehen.

selbst

Geradesogut kann der Schatten ein Stück Leben sein, das zur Verwirklichung drängt; damit hat es eine durchaus positive Seite. Ebenso haben Animus und Anima die gleiche doppelte Auswirkung: sie können lebendige Weiterentwicklung, ein kreativ-schöpferisches Vermögen sein, beide bringen bisweilen aber auch Erstarrung und Tod mit sich. Die „Anima“ symbolisiert die gewöhnlich beim Mann unterdrückten und so eher weiblichen Handlungsweisen: Kommunikationsfähigkeit hinsichtlich persönlicher Belange, Einfühlungsvermögen, Beziehungsfähigkeit, der Zugang zu Körper und Gefühlen, Anpassungsfähigkeit. Der „Animus“ andererseits symbolisiert die bei der Frau oftmals unterdrückten männlichen Eigenschaften, wie Aggression, Triebhaftigkeit, Mut, Risikobereitschaft, Eigeninitiative, geistige Selbständigkeit, Innovation.

Vielleicht ist C. G. Jungs Konzeption und Auffassung unserer unbewussten Seele als „Schatten“ mit Animus und Anima sogar der Schlüssel zum Aufbrechen der fatalen Neomaskulinität sowie Verständnis des neuen Neofeminismus – was für uns alle entscheidend wäre – ja insgesamt eine epochale Leistung bedeutete und den Schweizer Gelehrten so revolutionär, im allgemein historischen Erkenntnisprozess so ungemein wichtig macht (vgl. „zweite grosse psychologische Revolution“ w.u.). Wie könnte die Welt doch anders aussehen – ohne den realen Schatten so vieler expansiv-kriegerischer Auseinandersetzungen und ideologisch-fundamentalistischer Terrorakte und ohne den Krieg zwischen den Geschlechtern. Es wäre verbunden mit einem echten Bewusstsein: eine Überwindung der sprichwörtlich-biblischen Vertreibung aus dem Paradies.

Sogar das Selbst, dieses umfassendste Symbol des Unbewussten bzw. unserer „Ganzheit“ (Jung), hat ebenso einen doppelten Aspekt. Ja man kann sagen, dass die gefährliche Seite beim Selbst fast am grössten ist, weil es auch die grösste innere Macht darstellt. Die Gefahr besteht wörtlich darin, dass man zur (Kreuz-) Spinne wird (daher die Angst so vieler in Europa, vor den hier doch so harmlosen 8-beinigen Tierchen). Das heisst, dass man effektiv zu spinnen anfängt, zum Beispiel vom Grössenwahn besessen wird. Voller Erregung glaubt ein solcher Mensch, die tiefsten Welträtsel erfasst zu haben, und verliert darüber jede menschliche Anpassung. Ein sicheres Anzeichen dafür ist der Verlust des Humors und der menschlichen Gemütlichkeit. Grössenwahn und Heilandswahn entstehen durch eine Identifikation mit dem Selbst. Doch kann auch das Umgekehrte geschehen, dass man den Kontakt mit dem Selbst nicht finden kann, weil es von allzu vielen unbewussten Impulsen oder konventionellen Vorurteilen überlagert und verhüllt ist. Daher erscheint das Selbst in den Mythen oft als „unerreichbare“ oder zumindest „schwerereichbare Kostbarkeit“.

Was aber wären wir ohne sittliche Normen, die wir sogar aus einem eigenen tiefen Wissen befolgen. Sie sind unvermittelt da im common human being und müssen durchaus nicht einleuchten, wie es philosophisch gestimmte Ethiker bisweilen so gerne wollen. Und doch befolgt sie vielleicht sogar der Frühmensch aus einem tiefen Wissen, und in weiten Teilen auch noch der heutige Mensch (naturgemäss). Er befolgt die sittlichen Normen sogar aus einem tiefen Wissen, ausschliesslich und nicht aus seinem Willen, wie es bei der Befolgung rational erkannter, einleuchtender, gesetzter und geschlossener Gesetze der Fall ist. Sie folgen eigentlich „nur“ dem universellen Fluss der Lust, dem sich letztlich nur Banausen kraft ihres falschen Wissens unbewusster Art entziehen können. Die sittliche Norm kommt schlechterdings aus einer Weltordnung heraus, die jenseits aller gesellschaftlichen Regel ihren gleichsam für sich vollkommenen Ursprung hat.

Die wichtigsten Leitvorstellung von Jungs Tiefenpsychologie kommt etwa bei Jolande Jacobi, seiner engsten Mitarbeiterin, in Form folgender Trias sehr gut zur Geltung: Zum ersten, dass für Jung die Person in seelischen Kraftfeldern zwischen Ich-Bewusstsein und personalen wie transpersonalen Unbewussten eingelassen ist. Das archetypisch Transpersonale sprengt den zu engen Erklärungsraum bei Untersuchung von internalisierten Objektbeziehungen und des persönlichen Schicksalsverlaufs. Die seelischen Wirkungsfaktoren werden mit dem Begriff des Archetypus konzeptionell erfasst.

Das zweite Merkmal ist die besondere Psychologie des Selbst, das ebenso einen personale und eine transpersonale Seinscharakter hat. Das Ich und das Selbst sind eine ungleiches wie unzertrennliches Paar – wobei das Selbst das Zusammenspiel von Bewussten und Unbewussten, von personalen und transpersonalen Elementen garantiert und so auch die Offenheit des Jungschen Systems für das Spirituelle begründet. Je näher wir unserer eigenen Seele sind, desto näher sind wir offenbar der Weltseele. Der Archetypus und das Selbst bildet die Schnittstelle bzw. das Scharnier zum Transzendenten.

Das alles entscheidende dritte Merkmal ist das tiefere Verständnis des psychisch Unbewussten als Moment jener Dynamik, die uns von Innen her steuert. Sie ist ein energetisch wesentlich produktiver Faktor. Die Energiezentren des Unbewussten geben insbesondere Antrieb und wie gesagt die Imagination oder das imaginative Erleben der Wirklichkeit ermöglicht ein wichtiges Korrektiv. Die „aktive Imagination“, eine von C. G. Jung wieder entdeckte Möglichkeit, aktiv mit der eigenen Seele in Beziehung zu treten, werden wir hier nicht näher beschrieben. Sie ist ein im Zustand des Wachseins entstandenes Fantasiebild, an welchem das Ich aktiv beteiligt ist. Ebenfalls wesentlich ist die Methodik sowie die Faktoren Individuation und Amplifikation – nicht zuletzt auch für die Anwendung des Jungschen Systems.

Jungs Reise ins Reich der alten Mythen und traumhaften Symbole hat zu einer materialreichen Sammlung geführt, die zum Gegenstand philosophischer und anthropologischer Forschung geworden ist. Vor allem in sinnsuchenden und literarischen Kreisen traf und trifft seine Weltanschauung auf Interesse. Ausgangspunkt und einziges Erkenntnismittel im Hinblick auf die Erforschung der psychischen Realität ist für C.G. Jung die „Erfahrung“, wobei damit vorab die „innere“ Erfahrung gemeint ist: das Bewusstwerden seelischer Inhalte. Jung greift dabei auf persönliche Erfahrungen, Erfahrungen seiner Analysanden und auf den Niederschlag gesamtmenschheitlicher Erfahrungen in der Geistesgeschichte zurück und gewinnt so seinen empirischen Zugang zur Seele. Im Gegensatz zu Freud begreift Jung das Unbewusste neben dem Aspekt des persönlichen Unbewussten noch in einem kollektiven Sinne. Nach seinem Verständnis haben die aus allen Kulturen überlieferten Mythen und Märchen ihre Wurzeln in individuellen Träumen und Visionen, die zugleich stellvertretenden Charakter haben.

Wir alle leben von alten Mythen: unsere eigenen Vorstellungen sind stets auch gespiesen von kollektiven Phantasien, wie uns Jung lehrt. Die aller grausamste Vorstellung im Sinne einer kollektiven, vorab männlichen Phantasie aber ist: es ist richtig – ich gehe jetzt in den Krieg. Millionen liessen und lassen sich in den Militärdienst einspannen und zögern denn auch nicht, wenn es wirklich Ernst wird, zu handeln; sie beginnen im „geschützten Rahmen“ der Armee und für eine wertlose Idee bedenkenlos zu töten… Frieden aber käme, wenn wir daran glauben würden, sprachmächtig zu werden: mit anderen Worten,  miteinander reden würden.

Auf der Spur von Revolutionen

Wir schreiben ein neues, modernes Geschichtsbuch in zwei Teilen mit dem Titel: Von der Steinzeit in die Gegenwart – auf der Spur von Revolutionen bzw. Revolutionsjahren. Jahresangaben spielen auch bei uns eine entscheidende Rolle. Doch nicht so, wie wir es von konventionellen historischen Berichten oder in der Schule vom Geschichtsunterricht her gewohnt sind. Wir fokussieren uns auf revolutionäre Ereignisse.

Dabei stossen wir auf die erstaunliche Tatsache, dass Revolutionen bevorzugt in bestimmten Jahren auftreten: z.B. 1848, aber auch 1968 oder 1788. Ist es Zufall dass sie alle mit einer Acht enden? Oder steckt da mehr dahinter? Nennen wir Revolutionsjahre vorerst einfach historische Sternjahre. Es sind mit anderen Worten Sternstunden, die uns alle persönlich und auch unser Umfeld nachhaltig verändern und die als solche in unserem Andenken bleiben.

An dieser Stelle gestatten wir uns eine, vielleicht „Revolution“ als historische Aktion klärende Bemerkung – ja wir möchten sie gleichsam an den Anfang der Geschichte stellen: Gewöhnlich macht sich der östliche wie der westliche Mensch ein falsches oder zumindest verzerrtes Bild von dem, was eine Revolution ist. Obgleich zwar, um zwei gute Beispiele zu nennen, die Industrielle Revolution (1788) ein Gemeinplatz ist, die Französische Revolution (1788/9-1799) aber mit Sicherheit eine echte politische Revolution mit durchaus konstruktiven Elementen. Sie hatte eine nachhaltige politische Wirkung, die Beseitigung des im Volk verhassten, weil elitären Ancien Régime des Adels, gehobenen Klerus und Bürgertums. Man wollte sich von ihnen nicht mehr ausbeuten lassen.

Dennoch hat diese mit der allerorts bekannten Parole Liberté, Egalité, Fraternité, was sich die Revolutionäre als ihr Erkennungszeichen auf die Fahnen schrieben, wenig und nichts zu tun. In Tat und Wahrheit wurde die Parole von einer in Frankreich aktiven freimaurerischen Geheimgesellschaft entlehnt, ohne dass die eigentliche Französische Revolution das Losungswort jemals auch wirklich eingelöst hätte.

Die Revolution vermag zunächst den auf dem Gottesgnadentum begründeten Absolutismus umzustossen, bewirkt damit einen grossen gesellschaftlichen Umsturz und begründet endlich ein Staatswesen, das sich zur Sicherung persönlicher Freiheit und politischer Gleichheit der Bürger bekennt. Die neuen Staatsformen, die aus dieser Leitidee entstehen, gipfeln am Ende im Prinzip der Volkssouveränität. So geht auch der moderne französische Staat auf die Revolution von 1789 zurück. Doch den auf einer echten demokratischen Verfassung abgestützten Staat sehen wir erstmals in der Amerikanischen Revolution 1788 verwirklicht. Die Idee einer modernen Demokratie als neue Staatsform im Westen setzt sich also nicht in Europa, auf dem Alten Kontinent durch, sondern tritt 1788 in als Verfassung der Vereinigten Staaten von Nordamerika in Kraft.

Insbesondere kam es in Frankreich nicht zu einer funktionsfähigen Demokratie – die im echten Sinn meinungsfrei und liberal wäre wie vielleicht jene in den USA oder gar in der vielzitierten direkten Demokratie der Schweiz. Direkte Demokratie heisst, dass die Stimmberechtigten nicht nur auf der Ebene der Gemeinde und höher mitentscheiden – über Ausgaben, Gesetze usw. -, sondern rechtskräftig auch Nein sagen und damit Problemlösungen kontrovers machen und verweigern können.

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Immanuel Kant (1724-1804).

Andere grosse Revolutionen mit weltweiter, wenn vielleicht auch historisch nicht so offen zutage tretender Auswirkung für den Alltag der Menschen sind auf vielen weiteren Kulturbereichen zu erwähnen. Im Umkreis des historischen Sternjahres 1788 beschliesst Immanuel Kant (1724-1804), deutscher Philosoph und grösster Denker seiner Zeit, mit der zweiten Auflage seiner Kritik der reinen Vernunft, gleichzeitig mit seiner Kritik der praktischen Vernunft und der Urteilskraft seinen Kritizismus.

Damit ist er Urheber der ersten umfassenden philosophischen Revolution der Neuzeit; er vollbringt sie in den philosophischen Teildisziplinen Erkenntnistheorie, Ethik und Ästhetik. – Keine zehn Jahre zuvor ist Kant (allerdings noch ohne Erfolg) mit seiner Vernunftkritik, die allein schon durch ihren völlig neuen Ansatz des Philosophierens auf das akademische Denken revolutionierend wirkt, vor das philosophische Publikum getreten. Neben der Kritik der reinen Vernunft aus dem Jahre 1781 (17872) bilden die Kritik der praktischen Vernunft (1788) sowie die Kritik der Urteilskraft (1790) sein philosophisches Hauptwerk.

Weitere Beiträge Kants sind die Prolegomena (1783) und Religion innerhalb der Grenzen der blossen Vernunft (1793); seine letzte grosse Arbeit blieb unvollendet (Opus postumum, 1936). Kants Absicht bestand darin, in der dritten Kritik die Vermittlung zwischen Natur (Gegenstand der theoretischen Vernunft) und Freiheit (Gegenstand der praktischen Vernunft) zu leisten und so das Gebäude der kritischen Philosophie zu vollenden. Dieser Gedanke der Vollendung der Kantschen Systemarchitektur findet heute ausserhalb der Spezialforschung jedoch nur geringen Widerhall.

Die im Christentum überlieferte Lehre und Weltreligion dient als Ausgangspunkt, um weitere Anknüpfungspunkte zwischen Moral und Religion aufzufinden: Die Erbsündenlehre thematisiert das Problem, dass im Menschen eine Anlage zum Guten einem Hang zum Bösen ausgesetzt ist; die Figur Christus dient als Sinnbild eines moralisch vollkommenen Menschen; und die Idee der Kirche wird als „ethisches Gemeinwesen“ verstanden. – Historisch Interessierte wissen, warum und wozu das alles schief ging.

Nur dreissig Jahre nach Kant, im Bereich des historischen Sternjahres 1818, vollendet Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) die zweite Revolution der Denkungsart. Er ist es, der die Philosophie des Idealismus auf ihren Höhepunkt und zu ihrer Vollendung führt. Hegel geht als der bedeutendste Systematiker in die Geschichte der Philosophie des 19. Jahrhunderts ein.

Das Grundprinzip seiner Philosophie des absoluten Idealismus ist das lebendige Subjekt. Hegel versteht darunter das Ich, welches sich unendlich entfaltet und zugleich bei dieser Selbstentfaltung stets bei sich bleibt. Hegels Ich ist das absolute Sein, welches sich mit logischer Notwendigkeit zur Welt entwickelt. – Die Weltgeschichte bildet das Hauptthema der Hegelschen Philosophie. Nach Massgabe der Idee des absoluten Geistes und, im Gegensatz zur blossen Verstandesreflexion, mit der Methode des dialektischen begreifenden Erkennens durchdringt Hegel sämtliche Wissensgebiete: Logik bzw. Metaphysik, Natur- und Geistesphilosophie. Seine Hauptwerke sind die Phänomenologie des Geistes (1807), Wissenschaft der Logik (1812-1816), die Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundriss (1817) und Rechtsphilosophie (1821).

Sprachliche Kategorien sind, betont Bruno Liebrucks (Sprache und Bewusstsein, 6 Bände. 1964-70), ausnahmslos dialektisch. Demzufolge müssen Kant und Hegel, das heisst die erste und zweite Revolution der Denkungsart (Band 4 1968 und Band 5 1970), erst so konfrontiert werden, dass darin die Notwendigkeit dialektischen Denkens erscheint. Nach Liebrucks verbindet Dialektik alte Kulturen mit der Moderne. „Erst dann besteht Aussicht, dass der Zustand aufhört, in dem kein Mensch mehr die Geschehnisse versteht, weder die, die sie auslösen, noch die, die sie erleiden.”

Der zeitgenössische Philosoph Bruno Liebrucks (1911-1986) unterstreicht allerdings: Sprache ist Ausgangspunkt und Ziel alles menschlichen Verhaltens. Dagegen hat jede zweckmässige Handlung den Zweck ausserhalb ihrer selbst. Insofern ist dieser auch stets zu hinterfragen.

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Der wenig bekannte Frankfurter Liebrucks, Sohn eines Volksschullehrers, ist in der Praxis bzw. Tragweite seiner philosophischen Aussagen viel bedeutender als die der beiden berühmten Theodor W. Adorno (1903-1969) und Max Horkheimer (1895-1973). Kern ihrer Kritischen Theorie der Frankfurter Schule ist die ideologiekritische Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen und historischen Bedingungen der Theoriebildung und eine damit vermittelte Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen.

Die Bezeichnung Kritische Theorie geht auf den Titel des programmatischen Aufsatzes Traditionelle und kritische Theorie von Horkheimer aus dem Jahre 1937 zurück. Es ist also ein Produkt des Epochenjahres 1938. Als Hauptwerk der Schule gilt die von Horkheimer und Adorno 1944 bis 1947 gemeinsam verfasste Essaysammlung Dialektik der Aufklärung. Sie knüpfen dabei an die Theorien von Hegel, Marx und Freud an. Ihr Zentrum war das schon 1924 an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main eröffnete Institut für Sozialforschung (IfS).

Die Erfahrung des Nationalsozialismus und der Shoah („Zerstörung“, „grosse Katastrophe“: der systematische Völkermord) waren für die theoretischen und empirischen Arbeiten der Kritischen Theorie prägend. Die Vertreter der Kritischen Theorie, allen voran Adorno, gingen den Fragen nach, welche Auswirkung eine solche Katastrophe auf das philosophische Denken, Gesellschaftskritik und die Rolle der Vernunft habe. Nach Horkheimers und Adornos Tod repräsentierte vor allem Jürgen Habermas (den zu habilitieren sie noch abgelehnt hatten!) die Frankfurter Schule.

Als Direktor des Instituts für Sozialforschung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt setzte Theodor W. Adorno sich im Umkreis der 68er-Unruhen aktiv mit den aktuellen Forderungen der Studenten in dieser Zeit des Umbruchs auseinander. – Die gesellschaftliche Hierarchie beruht bekanntlich auf Autoritätsglaube, Disziplin, Zucht – zuletzt auf Gewalt. Wir denken dabei an militärische und staatlich legalisierte Gewalt der Polizei sowie an die heute überall präsente Macht des Geschlechts und Geldes, die Omnipotenz ihrer Verwalter.

Als dann aber Adornos Studenten, durch seine Vorlesungen, Vorträge, Schriften und Bücher, die sie lasen, zum „mündigen Denken“ erzogen als Mensch, der sein „Schicksal in der Realität real bestimmen kann, und das bedeutet eine Gestaltung, eine Einrichtung der Realität so, dass in ihr mündige Menschen leben können“, ihn selbst kritisierten, gegen ihn rebellierten (Studentinnen sollen ihn gar in der Vorlesung mit entblösstem Busen bedrängt haben), kurz im historischen Stern- und Revolutionsjahr 1968 in Frankfurt sein Institut besetzten – seinen Elfenbeinturm, in dem er sich wohl und bürgerlich behaglich fühlte -, rief Adorno die Polizei.

1969 stirbt er bei einem Ferienaufenthalt in der Schweiz (Sommer-Urlaub, Zermatt und Visp, Kanton Wallis; Herzinfarkt). Der junge Berner Arzt, der auf Pikett zu ihm gerufen wird – selbst aus gutem Haus (Bern Burger) und entsprechend ausgebildet – weiss nicht, was für eine Persönlichkeit da sterbend vor ihm liegt (hat auch später keine Ahnung) – wie der Autor dieses Blogs aus erster Hand (von diesem Arzt persönlich) weiss.

Mit bürgerlichem Name heisst Adorno Wiesengrund; Thomas Mann hat ihn im Musik-Roman Dr. Faustus, VIII. Kapitel, in der Figur des Wendell Kretzschmar verarbeitet: „Bei diesem Wort stotterte Kretzschmar heftig … das Werk, von dem er im besonderen spreche, die Sonate opus 111 … Das Arietta-Thema, zu Abenteuern und Schicksalen bestimmt … nicht anders skandiert als etwa: Himmelsblau oder Liebesleid oder … : Wie-sengrund … .”

Je komplizierter unser Alltag, desto grösser ist die Gefahr von Missverständnissen, welche unsere Zusammenarbeit und unser Zusammenleben empfindlich stören können. Damit wächst der Bedarf an Kommunikation; gravierende Missverständnisse dürfen nicht einfach sich selbst überlassen werden. Menschen sind vielmehr miteinander sprechende Wesen.

Und doch, wie der Frankfurter Philosoph an der Goethe-Universität Bruno Liebrucks (1911-1986) in der Vorrede zu Band 1 – 6 von Sprache und Bewusstsein (1964-70)gleich zu Beginn etwas sarkastisch und bitter sagt: „Politische Ereignisse und Maschinen laufen dem Menschen voran, das Anhängsel läuft hinterher. Atemlos. Es ist, als führe der Mensch nur noch im Kofferraum, der als Anhänger hinter einem Touristenomnibus von Robotern hinterherhüpft – als ich Gedächtnis. So fährt – entmenscht – nun der Mensch. Wird er noch einmal den Motor Maschine erobern? Sind Apparate sein neues Kleid? Kleider machen Leute.“

Im Konzert der Meinungsvielfalt bzw. der freien Medien in einem demokratischen Land spielen Radio und Fernsehen eine wichtige Rolle – auch in der Schweiz. Die Schweizerische Bundesverfassung fordert hier von den elektronischen Medien insgesamt, dass sie den Leistungsauftrag eines Service public erfüllen: Sie müssen zur Meinungsbildung, zur Kultur, Bildung und zur Unterhaltung beitragen und die Besonderheiten der Schweiz und die Bedürfnisse der Kantone berücksichtigen. In einer komplexer und immer segmentierter werdenden Welt hat so die öffentlich finanzierte Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG SSR) die Zusammenhänge aufzuzeigen, Ereignisse und Entwicklungen einzuordnen und zu kommentieren. Ihre Journalistinnen und Journalisten sollten kritisch sein und sich durch Unabhängigkeit, Glaubwürdigkeit und Professionalität für die Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt auszeichnen. Sie, die SRG, ist damit auch eine moderne Form der Geschichtsschreibung – die sie heute ebenso vermehrt als Hördokumente oder schriftlich im Internet anbietet (Service-public-Multimediahaus). Ebenso wie die Zeitungen, als Ergänzung zu Radio und Fernsehen.

Seit dem historischen Sternjahr 1998, dem Geburtsjahr des Smartphones, orientieren sich auch – weltweit – immer mehr via Internet auf ihrem portablen Online-Medium. Das Smartphone ist Teil des Alltags geworden. Wer sich in Bus und Bahn umschaut, sieht viele vertieft in Chat und Mails. Kaum ein Ort bleibt Handy-frei, oft auch nicht das Schlafzimmer und die Toilette. Es gibt Menschen, die das Internet oder Smartphones in problematischer Weise nutzen. Wenn etwa jemand bei Tag und Nacht ständig zum Smartphone greift, um Nachrichten zu beantworten, verändert das die Kommunikation mit der realen Umgebung und hat erhebliche Einflüsse auf das eigene Verhalten. Das Diagnose-Handbuch DSM-5 der American Psychiatric Association führt im Jahr 2013 zum ersten Mal Kriterien zur Diagnose einer Computerspielsucht auf.

Allerdings werden in den Medien Revolutionen oft falsch dargestellt oder dann negativ, weil an sich zerstörerisch. Das stimmt überhaupt nicht: es sind wie gesagt nachhaltige Veränderungen der Welt. Dabei berichten sie aber auch gerne über unechte Revolutionen. Wer hat nicht schon von der sogenannten Oktoberrevolution in Russland (vom 7. November 1917, nach alter russischer Zeitrechnung 25. Oktober) – oder der Revolution in Kuba (1956) gehört? Die Abschaffung des Zarentums war, wie sich spätestens unter der Schreckensherrschaft eines Stalin zeigte, noch keine nachhaltige Revolution. Aus Kuba wurde der echte Revolutionär – Che Guevara, vermutlich von bolivianischen Regierungstruppen getötet -, zum Idol revolutionärer Jugend in aller Welt. Was er, nicht Castro, mit Kuba vor hatte, hätte dort bestimmt eine echte Revolution verdient.

Ein weiteres Beispiel ist die Pseudorevolution eines Pol Pot im ehemaligen Königreich Kambodscha: der Einmarsch der Roten Khmer in Phnom Penh (1975). All das sind in unserem Sinne keine Revolutionen gewesen. Sie haben nicht viel mehr gebracht als die Zerstörung der momentanen politischen und wirtschaftlichen Strukturen – bestimmt keine wegweisende Veränderung der Lage, die für jene Länder, Regionen oder gar die Welt als Ganzes historisch relevant gewesen wäre.

GenozidPolPot

Zur Erinnerung: Pol Pots Dschungelkommunisten vollzogen den Bruch mit der Vergangenheit nach ihrer Machtergreifung 1975 mit grosser Brutalität und Radikalität. Laut Schätzungen – es gibt keine genauen Angaben – haben für seine maoistisch inspirierte Wahnvorstellungen und utopische Primitivideologie, Kambodscha aus dem internationalen Beziehungsgeflecht herauszulösen und einer völlig neuen Ordnung zum Durchbruch zu verhelfen, ein bis zwei Millionen Frauen und Männer in Kambodscha mit dem Leben bezahlt. Sie sterben während einer vierjährigen Herrschaft an Hunger, Entkräftung oder weil es keinerlei medizinische Versorgung mehr gab. Zwischen 200’000 und 400’000 Personen werden, als „unbelehrbare“ Gegner der „Revolution“ eingestuft, auf grausamste Weise umgebracht. Die Terrorherrschaft Pol Pots hat schreckliche Wunden und Narben hinterlassen, an denen das fernöstliche Land noch heute leidet.

Dasselbe gilt wohl auch für den Arabischen Frühling: Ausgehend von der „Revolution“ in Tunesien (seit dem 17. Dezember 2010) beginnen am 5. Januar 2011 die Unruhen in Algerien. Am 25. Januar 2011 kommt es in Ägypten zu Protesten, die schliesslich zu einem Umsturz führen, der mit einer Machtübernahme des Militärs verbunden ist. Übernimmt das Militär die Macht, so führt das selten zu nachhaltigen Lösungen. Im Zuge der Ereignisse kommt es auch in anderen arabischen Ländern zu Protesten, unter anderem protestieren Regierungsgegner im Jemen, Jordanien, Libyen, Bahrain und in Syrien. Was wir heute erleben müssen ist ein bis Juni 2014 Islamischer Staat im Irak und in Syrien: ISIS – eine seit 2003 aktive dschihadistisch-salafistische und jetzt weltweit aktive Terrororganisation. Weiter ein scheinbar endloser Krieg im mehr und mehr zerstörten Syrien, wobei wie zuvor  im Irak die USA, Grossmächte und weitere Parteien eine fatale Rolle spielen. Unglaubliches, begleitet von einer Flüchtlingskrise sondergleichen.

Die Araber haben nur eine Chance: sich religiös zu reformieren und endlich politisch zu einigen. Das heisst ihren lokalen Stolz zu besiegen und sich auf die ursprünglichen, allesamt in der Sonnenglut der Wüste gewachsenen und also für die Ewigkeit entstandenen Werte zu besinnen, die sich ausschliesslich um Leben und Tod kümmern, fern jedem falschen Bewusstsein und allenfalls verlorenen Stolz. Anderseits müssen wir auch unser schiefes Bild der verschleierten Frau gegenüber korrigieren – in extremis die Burka – die wirklich nur weiss (nicht schwarz) als Schutz vor Wüstenstürmen Sinn macht und so nachweislich schon in Urzeiten existierte (vgl. Rolf H. Meier, Macht des Geschlechts; Norderstedt 2010, Bd. 3, S. 1341f. Alle drei Bände enthalten über 500 Figuren und meist farbige Abbildungen).

Revolution (revolution, révolution, rivoluzione, revolución, revolução) ist somit allgemeine Bezeichnung für eine tiefgreifende Änderung – zum Beispiel in der Wirtschaft, Technik, Wissenschaft oder Kunst – auch für einen unumkehrbaren politischen Umsturz. Sie bedeutet eine grundlegende Umgestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse und sozialen Struktur, der politischen Organisation sowie der kulturellen Wertvorstellungen. Neue Grundsätze werden gefunden, die eine Aufhebung, Umbildung und Neuordnung der bisher als gültig anerkannten Gesetze bewirken. Innovation, erstmalige Erkenntnisse und Methoden leiten eine Neubewertung der bislang geübten Praxis und ebenso Neugestaltung ihrer Theorie ein. Insofern haben Revolutionen etwas durchaus Konstruktives an sich. Der negative Beigeschmack, den ihnen das konservativ-rechte politische Lager so gerne beimisst, sieht sie gewöhnlich allzu einseitig.

Es ist aber wahr: real erlebt haben Revolutionen für viele oft etwas Beängstigendes an sich. Wir denken da etwa an die „revolutionäre“ Gentechnik als effektiv für uns alle gefährliche Genmanipulation. Verfahren der Biotechnologie, die gezielte Eingriffe in das Erbgut (Genom) und damit in die biochemischen Steuerungsvorgänge von Lebewesen bedeuten, können verheerende Wirkungen haben. Menschen, seien sie noch so klug und kühn, ist es nicht vorbehalten, das Geheimnis natürlichen Lebens, dessen Wesen und Wert im Grunde niemand ganz kennt, gottähnlich zu manipulieren.